Vor vielen Jahren sah ich den gleichnamigen Film und wollte nun die bewegende Geschichte von Heinrich Harrers Leben in Tibet aus erster Hand lesen. Bildhaft und detailreich schildert Harrer seine Erlebnisse und Eindrücke während seines Aufenthaltes in Tibet zwischen 1944 und 1951. Man spürt in seinen Worten die große Liebe zum Land, der Kultur und den Menschen, denen er mit Neugier und Respekt vor ihrer Lebensweise und ihrem Glauben begegnet. Harrer liefert damit ein einzigartiges Zeitzeugnis der tibetischen Kultur und ihres Gemeinwesens, die nach der chinesischen Invasion 1951 systematisch und unwiederbringlich zerstört wurden.Auch wenn Heinrich Harrer kein Schriftsteller ist, wie er selbst anmerkt, und es dem Buch manchmal an Struktur mangelt, ist vor allem der Teil, der das Leben Harrers in Lhasa und seine Begegnungen mit dem 14. Dalai Lama schildert, äußerst spannend. Gelegentlich merkt man dem Text sein Alter etwas an (er entstand 1952), und Harrers Blickwinkel ist, trotz aller Offenheit und Wertschätzung gegenüber den tibetischen Traditionen, der eines weißen Mannes aus Europa.Besonders spannend fand ich die Einblicke in die theokratische Gesellschaftsstruktur, das Feudalsystem und die religiösen Sitten und Gebräuche. Die Schwarzweißaufnahmen Harrers, die in das Buch integriert wurden, ergänzen den Text und lassen das Erzählte lebendig werden.