Die Berliner Bildungshistoriker geben mit ihren Analysen erstmals eine historiographisch fundierte und systematisch grundierte Geschichte der Entwicklung und des Status der wissenschaftlichen Pädagogik der DDR. Sie wird nicht mehr allein ideologiepolitisch und -kritisch als Erfüllungsgehilfin der SED-Bildungspolitik interpretiert, sondern in ihrer eigenen Praxis als ein System differenter Wissensformen umfassend analysiert. Als wissenschaftliche Pädagogik hat sie sich von 1945 bis 1989 im konflikthaften Feld zwischen Wissenschaft und Politik, pädagogischer Praxis und erziehungswissenschaftlicher Forschung, zentralen Institutionen und individueller Arbeit zu einer Disziplin eigener Gestalt entwickelt, im Prozess zunehmend mehr auch nach ihrem Selbstverständnis eine forschende Disziplin in einem schwierigen und hoch politisierten Kontext.
Bildungsgeschichte.
Forschung Akzente Perspektiven
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Teil I
Thema, Analyseperspektiven, historischer Rahmen
1 Einleitung
Wissenschaftliche Pädagogik und Erziehungsforschung in der DDR
die spannungsreiche Symbiose differenter Wissensformen.
Thema und Analyseperspektiven, Aufbau und Thesen der Untersuchung . . . . 17
2 Erziehungswissenschaft im Prozess
Pädagogik und Erziehungswissenschaft in SBZ und DDR
eine historische Skizze ihrer Struktur und Geschichte im Kontext der
deutschen Bildungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Analyseprobleme Erziehungswissenschaft nach 1945 die
Ausgangslage: Emigration, Remigration, personelle Neuordnung,
Entkonfessionalisierung, institutionelle Ordnung, disziplinärer Ort,
Dimensionen und Phasen der Neuordnung sozial-kommunikative
Infrastruktur und gesellschaftliche Funktion Wissenschaftspraxis:
Innovation, Politisierung, Stagnation, exemplarische Analysen:
Jugendforschung, Geschichte der Pädagogik, Pädagogische
Historiographie, Schule als Thema zwischen Forschung und Politik,
Erziehungswissenschaft zwischen Erneuerung und Stagnation
Selbstverständnis und methodischer Anspruch der Pädagogik in der SBZ
und DDR Erziehungswissenschaft im Vereinigungsprozess
Teil II
Die Konstruktion der wissenschaftlichen
Pädagogik: Akteure, Standardbild, Funktion und
Wissenschaftspraxis
3 Konstruktionsprozesse Verortung in der Tradition, eigene neue Ambition
3. 1 Robert Alt Die Konstruktion einer kommunistischen Biographie
als Referenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Autobiographische Quellen frühe Lebensbilder Umgang mit dem
Tabu der jüdischen Herkunft und der SPD-Mitgliedschaft soziale
Herkunft und Studium Konzentrationslagerhaft Fortschreibung
statt Forschung und Neubewertung
3. 2 Robert Alt Theorie als Referenz: vergessene, verschwiegene und
verdrängte Ursprünge des marxistischen Erziehungsbegriffs
bei Robert Alt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
Alts Erziehungsbegriff autobiographische Antworten pädagogische
Soziologie soziologische Pädagogik diskursive und biographische
Konstellationen Verdrängung geistiger Wurzeln
3. 3 Heinrich Deiters Eine sozialdemokratische Biografie: berufliche
Ausgrenzung und erziehungswissenschaftliche Remigration . . . . . . . . . . . . . . . 117
Ausgrenzung erziehungswissenschaftliche Emigration
publizistische und disziplinäre Emigration
bildungspolitische und erziehungswissenschaftliche Remigration
3. 4 Robert Alt und Heinrich Deiters Die Rolle der sozialistischen
Pädagogik in Universität und Lehrerbildung von SBZ und DDR . . . . . . 136
Beruflicher Neubeginn 1945 universitäre Lehrerbildung
historisch-materialistische Erziehungswissenschaft marxistische
und historisch-materialistische Lehrerbildung Verteidigung der
Fakultät
4 Das Normalmodell wissenschaftlicher Pädagogik der DDR:
akademische und politische Referenzen
4. 1 Die Disziplinelite Institutionen und Akteure, Karl-Heinz Günther
und Gerhart Neuner, DPZI und APW: Historische Rolle und
Selbstbeobachtung post festum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Erste Ebene: Komposition: Umfang Quellen Zeit der
Selbstreflexion autobiographische Intention Lebensumstände
Personen Selbstbilder zweite Ebene: Dissonanzen
4. 2 Die Ambivalenz der Tradition
Eberhard Mannschatz und Makarenko. Exegetische Konstrukte als
Theoriepotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Tradition und Erbe Eberhart Mannschatz: ein Exempel
für Traditionsaneignung Mannschatz, Makarenko und die
Kollektiverziehung politisch-pädagogische und akademische
Adaption eines Klassikers: Traditionsaneignung als Konstruktion
einer pädagogischen Dogmatik, Forschung statt Dogmatik,
Thesen und Risiken alternativer Argumentation, Umerziehung
individualistische Verfehlung als Herausforderung der Klassiker
als Systematiker Makarenko als Referenz für Theoriebildung
Konfrontative Erfahrungen selektiv-apologetische Retrospektion:
Mannschatz und seine pädagogisch-politischen Traditionskonstrukte
nach 1990: 1989/90 als Herausforderung, Makarenko und die
fortdauernde Geltung der Tradition, Jugendhilfe in der Kontroverse:
Wandel und Selektivität der Wahrnehmung, Abwehr von
Verantwortung, Theoriebildung nach Makarenko: semantische
Transformation, Kontinuität des Grundgedankens Ambivalenz der
Traditionskonstruktion: ein Fazit
4. 3 Pädagogik zwischen Eigenlogik und Politik: Pädagogik
und Erziehungswissenschaft im Lichte
und im Dienste der Staatssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
DPZI und MfS 1949 bis 1970 APW und Staatssicherheitsdienst
1970 bis 1990 IM im Unruhestand 1989/90
4. 4 Defizitkompensation: Operativ-materialistische
Pädagogik des Staatssicherheitsdienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
Grundsätze materialistische Pädagogik und Psychologie Eingriffe
in das bewusstseinsverstimmende gesellschaftliche Sein operativmaterialistische
Pädagogik und sozialtechnische Manipulation:
Vorbeugung als Erziehung, Vorbeugung Zersetzung: Isolierung,
Verunsicherung, Raum-Zeit-Manipulation, subtile Destruktion
5 Wissenschaftspraxis
5. 1 Wegmarken pädagogischer Wissenschaftsgeschichte
in der frühen DDR (1945-1953) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
Von der Gemeinschafts- zur Kollektivpädagogik: quantitative und
qualitative Befunde: Kritik, Substitution der 17. Juni 1953 als
erziehungswissenschaftliche Zäsur Sowjetisierung: zur Entwicklung
des Verhältnisses von Sowjetpädagogik und pädagogischer
Wissenschaft: die Adaption des sowjetpädagogischen Vorbilds
1947/48-1953, nach Stalins Tod und dem 17. Juni, vom Umkreis
des Mauerbaus bis zur Mitte der 1980er Jahre, Sowjetpädagogik vs.
Pädagogik in der Sowjetunion
5. 2 Bildungssystemzentrierte Gegenstandskonstitution:
Allgemeinbildungstheorie statt Allgemeiner Pädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
Robert Alts gesellschaftstheoretische Begründung der sozialen und
demokratischen Schulreform die Durchsetzung des funktionalen
Erziehungsbegriffs das Hochschullehrbuch Pädagogik
Allgemeinbildungstheorie anstatt Allgemeiner Pädagogik
5. 3 Die Diskussion des Verhältnisses
von Theorie und Praxis 1946-1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
Erziehungsverhältnisse, Schulreform und erziehungswissenschaftliche
Selbstverständigung 1946-1950 das Theorie-Praxis-Verhältnis
zwischen Parteilichkeit und Wissenschaftsanspruch während der
sozialistischen Experimentierphase 1951-1959 das Ende der
Experimentierphase Marxismus-Leninismus und pädagogische
Wissenschaft zum Verhältnis von Theorie und Praxis im letzten
Jahrzehnt der DDR
Teil III
Wissenschaftliche Pädagogik auf dem Weg zur
Erziehungswissenschaft
6 Erziehungsforschung historiographisch, empirisch, philosophisch
6. 1 Die Geschichte der Erziehung in ihrer 14. Auflage
Evaluationskonflikte im Wissenschaftssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427
Vorgeschichte die 14. Auflage: eine unendliche Geschichte
die externe Begutachtung Resümee
6. 2 Konstruktion und Anspruch Empirischer Erziehungsforschung
in der DDR zwischen Theorie und Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
Kommunistische Erziehung: zum Umgang mit einem schwierigen
Problem die politische Vorgabe eines neuen Themas: Akzeptanz
und Distanz in der Erziehungsforschung, Sequenzen der Arbeiten
Phasen der Themenfindung, Akteure innerhalb und außerhalb
der Erziehungsforschung: Praktiken der Themenfindung und
Konkretisierung international und in der APW, Referenzen der
Themenkonstruktion: Forschungspartner und politische Absicherung
von der Konvention der Forschungspraxis zur Theoriearbeit:
Etappen der theoretischen Dekomposition, Methodisierung,
Empirisierung und die Folgeprobleme Forschungsbefunde:
politische Bewertung und theoretische Diskussion, Forschungsbefund:
das Scheitern der DDR-Erziehungspolitik, mehr Theoriearbeit, das
Grundproblem: Erziehungsforschung ohne angemessene Theorie
Rezeption und Wirkung der Forschung zur kommunistischen
Erziehung Erziehungsforschung in der DDR: Erkenntnisfortschritt
ohne politische Anerkennung, politische Selbstbindung als
Theorieproblem
6. 3 Allgemeine Pädagogik Erziehungswissenschaft auf der
wiederkehrenden Suche nach ihren Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518
Allgemeine Pädagogik als Thema und Problem in der Geschichte der
Erziehungswissenschaft der DDR Grundlagentheorie ihre Dynamik
zwischen Allgemeiner Pädagogik und Allgemeinbildungskonzepten:
die dominant praktizierte Lösung Selbstirritation durch
ambitionierte Zielvorgaben Persönlichkeit als Thema und
Mythos Pädagogik in Philosophie und Praxis : eine DDRKritik
der Grundlagenarbeit in der DDR-Pädagogik Allgemeine
Pädagogik angesichts der Empirie Methodologiereflexion und
Syntheseerwartungen: unvollendete Ambitionen wie erklärt sich die
Dauerhaftigkeit des Scheiterns der Grundlagenarbeit?
7 Rückblick: Wissenschaftliche Pädagogik der DDR:
Struktur und Dynamik ihrer Wissensformen ein Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553
Die pädagogischen Wissenschaften der DDR System-Umwelt-
Beziehungen und Wissensformen Pädagogik im Kontext
von Politik und Gesellschaft Erziehungswissenschaft als
Systembetreuungswissenschaft die Innenwelt der Außenwelt:
Erziehungswissenschaft als spannungsreiche Symbiose
differenter Wissensformen Exkurs: Sonderpädagogik
Rehabilitationspädagogik Defektologie ; das implizite
Forschungspotential in der Praxis der Wissensformen
Fazit: Wissenschaftliche Pädagogik der DDR eine Praxis
zwischen Intention und Funktion, Ideologie und Forschung,
Selbstunterwerfung und Distanz
Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589