Sprachlich stark, atmosphärisch dicht ¿ Peter Stamms Roman beeindruckt trotz schwachem Ende.
In der ersten Nacht nach den Ferien steht Thomas auf, verlässt das Haus, den Alltag, seine Familie - und kehrt nicht zurück. Kein Streit, keine Affäre, keine Krise. Einfach so. Peter Stamm braucht nur wenige Sätze, um diese Szene zu entwerfen. Und noch weniger, um ihre Wucht spürbar zu machen.Weit über das Land ist ein Roman der Leerstelle. Der Autor erklärt nicht, rechtfertigt nicht, deutet kaum. Er schildert. In seiner reduzierten, fast meditativen Sprache entwirft Stamm zwei parallele Erzählstränge: die wortlose Wanderung von Thomas, und Astrids Bemühen, mit dem plötzlichen Verschwinden ihres Mannes umzugehen. Was als klare Trennung beginnt, beginnt gegen Ende zu verschwimmen - die Perspektiven fliessen ineinander, fast unmerklich.Dieser erzählerische Kunstgriff erinnert an Castle Freemans "Go with Me", wo das Ineinandergreifen von Stimmen und Sichtweisen meisterhaft gelingt. Bei Stamm hingegen wirkt der Übergang weniger überzeugend. Das Ende des Romans verliert an Präzision - fast scheint es, als fände der Text keinen Weg mehr zurück zu seiner ursprünglichen Klarheit.Und doch lohnt sich die Lektüre. Gerade weil Weit über das Land nicht erklärt, sondern offenlässt. Weil es das Unsagbare nicht mit Psychologie zukleistert. Stamm erzählt vom Verschwinden - und davon, wie schwer es ist, mit etwas zu leben, das keinen Namen hat. Seine Sprache bleibt dabei leise, reduziert, aber eindringlich.Ein starker Anfang, eine sprachlich dichte Erzählweise und die konsequente Weigerung, zu viel zu sagen - das macht diesen Roman trotz seiner Schwächen zu einem eindrucksvollen Leseerlebnis.