Die frü hen Gedichte Rainer Maria Rilkes, versammelt in den Bä nden "Larenopfer" (1895), "Traumgekrö nt" (1897) und "Advent" (1898), markieren den poetischen Anfang eines der bedeutendsten Lyriker der Moderne. In ihnen klingt bereits jene Musikalitä t an, die sein spä teres Werk auszeichnen sollte, auch wenn sie thematisch und stilistisch noch tief in der romantischen Tradition verwurzelt sind.
Rilkes erste Verse kreisen um Liebe, Kindheit, Natur und seelische Empfindungen - getragen von einer oft schwä rmerischen, bildreichen Sprache. Besonders in Traumgekrö nt entfaltet sich eine Welt zarter Idyllen und innerer Stimmungen, wä hrend Advent erste Anklä nge an symbolistische und mystische Motive erkennen lä sst.
Obwohl Rilke spä ter selbstkritisch auf diese Texte blickte, sind sie unverzichtbar fü r das Verstä ndnis seiner dichterischen Entwicklung. Sie dokumentieren die Suche nach Ausdruck, Form und Tiefe - und enthalten bereits jene poetische Sehnsucht, die sein ganzes Werk prä gt. Textbeispiel:
"Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten
aus deinem Haar vergeß nen Sonnenschein.
Schau, ich will nichts, als deine Hä nde halten
und still und gut und voller Frieden sein.
Da wä chst die Seele mir, bis sie in Scherben
den Alltag sprengt; sie wird so wunderweit:
An ihren morgenroten Molen sterben
die ersten Wellen der Unendlichkeit."
(Funde, S. 97 in diesem Buch)
Unter dem Titel "Erste Gedichte" erschien die vorliegende Sammlung erstmals 1913. Hier frisch aufgelegt als gebundene Neuausgabe in gut lesbarer Schriftgrö ß e. Mit Lesebä ndchen.
Rainer Maria Rilke.
Erste Gedichte.
Erstdruck: Insel Verlag, Leipzig 1913.
Vollstä ndige Neuausgabe, Gö ttingen 2025.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag