Ein wichtiges Buch!
Auf Sebastian Heinzel wurde ich aufmerksam durch seinen TV-Film "Der Krieg in mir". Am Anfang stand für ihn dieser Film, mit dem er sich über Jahre hinweg auf die Reise in die Geschichte seiner Familie begab. Die Dokumentation war bewegend, die Themen berühren mich selbst seit vielen Jahren: was prägt uns? Sind wir es, die entscheiden oder sind wir verhaftet mit der Geschichte unserer Väter, Mütter, Großeltern und ihrer Erlebnisse, die uns, unbewußt, in bestimmte Richtungen treiben? Ich selbst habe bei Familienaufstellungen oft die Wirkung von verborgenen Geschichten erlebt. Sebastian Heinzel versuchte die Erlebnisse seiner Großväter während des 2. Weltkriegs zu ergründen, weil er durch eigene Erfahrungen spürte, daß es da vielleicht eine Verbindung zu seinem Leben gibt. Es wurde eine intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte seiner Familie, der Geschichte Deutschlands und Weißrußlands im Krieg und auch mit der Beziehung zu seinem Vater. Das Buch schrieb Heinzel danach und erfüllte sich damit auch einen Lebenstraum. Er vertieft darin die im Film dargestellte Reise in die Vergangenheit, es bleibt mehr Raum für die Gedanken des Filmemachers und Erlebnisse, die im Film keinen Raum hatten. Sebastian Heinzel schreibt dieses Buch in einer wunderbar echten und prägnanten Sprache, ohne überflüssige Schnörkel. Sehr persönlich und offen werden die Stationen seiner Reise geschildert. Ich war berührt durch seine Erlebnisse, Beobachtungen und Schlußfolgerungen. Vielleicht ist genau dieser Mut zur Offenheit einer der Schlüssel für unser Leben. Durch Verletzlichkeit wird eine tiefe Begegnung möglich mit dem Leser; für mich mit meinen eigenen Tiefen. Das ist etwas, das unsere Väter, Mütter, Großeltern nicht konnten, weil sie es fürchteten, nicht wollten, weil sie vielleicht nur so überleben konnten. Es ist an uns, nicht länger in der Sprachlosigkeit zu verharren. Dieses Buch gibt Beispiele dazu, wie es gehen könnte. Ein aufrüttelndes, motivierendes und auch tröstliches Buch! Um so furchtbarer, daß wir auch heute noch Menschen in den Krieg treiben, zu neuem Leid, in neues Trauma für viele, auch nachfolgende.