Jean-Christophe Grangé liefert mit IMPERIUM DER WÖLFE eine Mischung aus Kriminalroman und Mystery. Ich habe 2005 den Film gesehen, aber es hat noch 20 Jahre gedauert bis ich das Buch lesen konnte (warum auch immer). Zwischen Film und Buch gibt es (wie so oft) Unterschiede, aber ich muss und kann sagen: Gefallen haben mir beide auf ihre Art. Aber auf den Film will ich gar nicht weiter eingehen.Im Mittelpunkt des Buchs stehen zwei scheinbar getrennte Handlungsstränge:In Paris werden mehrere türkische Frauen auf grausame Weise ermordet. Gleichzeitig verliert eine Pariserin zunehmend ihre Erinnerung und entdeckt, dass ihre Identität nicht das ist, was sie zu sein scheint.Grangé gelingt es, eine bedrückende Atmosphäre zu erschaffen, die zwischen Pariser Banlieues und anatolischer Mythologie pendelt. Die Figuren sind vielschichtig und oft moralisch fragwürdig, was den Leser in ständiger Unsicherheit hält. Allerdings sorgt es auch für die Glaubwürdigkeit der Protagonisten (und ich gebe zu, dass ich das Bild Jean Renos als Schiffer nicht aus dem Kopf bekomme, das scheint wie die Faust aufs Auge zu passen ...). Natürlich weist auch der Roman typische Markenzeichen des Autors auf wie Identität, kulturelle Entwurzelung und die Faszination für geheime Bruderschaften. Auch wird die Gewalt sehr drastisch beschrieben, nichts für schwache Nerven.Die Handlung ist extrem komplex, mitunter etwas überladen und verliert sich in ausufernden Beschreibungen. Wobei ich sagen muss, dass Grangé es dabei schafft, nicht zu langweilen. Nicht ganz so actionüberladen wie der Film, zeigt der Autor hier auch seine Stärken im Beschreiben ruhiger Momente. Aber vor allem gegen Schluss nimmt die Handlung Fahrt auf und ... ich war durchaus etwas geschockt über den Weg, den die Handlung nimmt. Und am Schluss war ich etwas ratlos. Trotzdem hat mich dieser Thriller gut unterhalten (was ich nicht von allen seinen Romanen sagen kann). Grangé hat einen atmosphärisch dichten Thriller geschaffen, in dem sich urbane Realität und mythisch aufgeladene Symbolik verschränken. Wahrlich keine leichte Kost (auch was die Darstellung von Gewalt anbelangt) aber ... LESENSWERT!