Das Jahr 1918 hatte es in sich, politische Umbrüche standen beinahe an der Tagesordnung. Hatte die Monarchie tatsächlich ausgedient? Oder haben die Machthabenden versagt und alles hätte anders kommen können? War die Zeit reif für einen Neuanfang?
Der Autor Lothar Machtan, emeritierter Professor für Neuere Geschichte an der Uni Bremen versucht Antworten auf diese Fragen zu finden. Gleich zu Beginn dieses aufschlussreichen Buches werden uns die Hauptakteure näher vorgestellt: Kaiser Wilhelm II., Friedrich Ebert und Prinz Max von Baden.
Man liest vom Auftritt Wilhelm II vor der Belegschaft der Krupp-Werke und merkt gleich, dass Empathie nicht Wilhelms Stärke war, beklagte er doch den fünften Sommer des Krieges vor versammelter Mannschaft: "Sorge und die Not, jeden Tag die Verantwortung für ein Volk von 70 Millionen zu tragen und dazu noch für die Verbündeten zu sorgen und alle die Schwierigkeiten und die zunehmende Not des Volkes zu sehen." Ich denke mal, dass die Bevölkerung Deutschlands zu Kriegszeiten andere Probleme hatte, als dem Kaiser Verständnis entgegenzubringen.
Immer wieder liest man von Wilhelms autokratischen Ansichten, vom Einfluss seiner Frau auf sein Verhalten, die offene Ablehnung seines Volkes (welche er nicht wahrhaben wollte). Er hielt fest an "seiner" Politik, hielt sein Konzept für richtig und war überzeugt unantastbar zu sein
Während Ebert unbedingt die Sozialdemokratie inkludieren wollte, hielt Kanzler Max an einem Fantasiegebilde fest, unfähig Entscheidungen zu treffen. Besonders hervorgehoben wird das Zusammenspiel der Protagonisten dieser Umbruchphase, wollten doch ursprünglich alle drei, das Deutsche Kaiserreich erhalten, den Machtanspruch festigen. Ein gemeinsames Ziel vor Augen reicht offenbar nicht aus, um auch einen gangbaren Weg zu verfolgen. Statt einem Miteinander stellten sie sich gegenseitig Hindernisse in den Weg, jeder trug letztendlich sein Schäufelchen zum Scheitern bei. Es gelingt dem Autor, dies plausibel und gut strukturiert zu analysieren und so beschert er dem Leser so manches "Aha-Erlebnis".
Der Schreibstil des Autors ist trotz des schwierigen Themas flüssig und sehr informativ, das Buch liest sich spannend. Auch die eingeflochtenen Analysen finde ich sehr gelungen und veranschaulichen die politischen Netzwerke und Abläufe. Der Autor schafft es, sich nicht in Details zu verlieren und gibt einen guten Überblick darüber, welche Unfähigkeiten letztendlich zum Scheitern der Monarchie führten.
Ein sehr spannendes Buch, empfehlenswert für alle Leser, die an geschichtlichen Hintergründen und Veränderungen interessiert sind. Gerne vergebe ich fünf Sterne und eine Leseempfehlung.