Besprechung vom 19.05.2022
Durchs Leben treiben
Wie einfach es manchmal ist, ein gutes Leben zu führen, wie schön es ist, sich treiben zu lassen, davon erzählt Philip Waechter in seinem Bilderbuch "Ein Tag mit Freunden". Los geht es eigentlich mit lauter Problemen. Erst will der Waschbär einen Apfelkuchen backen, doch dann finden sich in seinem Kühlschrank keine Eier mehr. Darum macht er sich auf zum Fuchs, der Hühner hält. Der allerdings kämpft damit, dass es bei ihm ins Dach hineinregnet. Deshalb ziehen die beiden weiter zum Dachs. Denn der besitzt eine lange Leiter, die bei der Reparatur helfen könnte.
Eigentlich aber hat der Dachs keinen Kopf für die Probleme von Waschbär und Fuchs, sondern verzweifelt an einem Kreuzworträtsel. "Honigwein mit drei Buchstaben, was soll das denn sein?", grübelt er. Vielleicht weiß ja der Bär eine Antwort. Wieder ziehen die Freunde weiter - und landen am Ende ihrer Tour badend in einem kühlen Fluss. Eine Krähe hat sich ihnen da längst auch noch angeschlossen.
Seine Bildergeschichte für alle von vier Jahren an hat Waechter, der bekannte Frankfurter Kinderbuch- und Comiczeichner, sich ausgedacht, weil er so genervt davon war, dass Corona alle Spontaneität aus unseren Leben vertrieben hat. Ihn ärgerte, dass man sich nicht mehr spontan treffen konnte, dass jede Verabredung geplant werden musste wie der Antrittsbesuch eines Präsidenten. Mit seinem schönen Buch hält er dagegen und zeigt, wie wichtig es ist, manchmal alle Pläne über Bord zu werfen und einfach etwas anderes zu machen. Mit Freunden den Sommer genießen zum Beispiel.
Im Frankfurter Literaturhaus stellt Waechter sein Bilderbuch, das schon im vergangenen August erschienen ist, nun bei der beliebten Reihe der "Kinderbuchnachmittage" vor. Dort wird der Illustrator nicht nur aus dem Buch lesen, sondern auch für die anwesenden Kinder zeichnen. Karten für die Lesung am Sonntag, 22. Mai, bekommt man am besten über die Website des Literaturhauses (www. literaturhaus-frankfurt.de). Der Eintritt kostet fünf Euro, Beginn ist um 15 Uhr.
Ach, übrigens: Der Apfelkuchen, den der Waschbär backen will, wird am Ende des Tages doch noch fertig. Was man daraus lernt? Auch wer sich von den schönen Seiten des Lebens und des Sommers ablenken lässt, kann einiges erreichen. ALEXANDER JÜRGS
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