Die Protagonistin und Ich-Autorin ist eine junge Angestellte des britischen Ministeriums, die sich intern auf eine neue Stelle bewirbt. Bei der neuen Tätigkeit geht es darum, Zeitreisende aus der Vergangenheit, die das Ministerium ins 20. Jahrhundert geholt hat, im Alltag zu begleiten und engmaschig Daten über sie zu sammeln. Sie gehört damit einer Gruppe von mehreren Ministeriumsangestellten an, deren Schützlinge aus unterschiedlichen Jahrhunderten stammen. Bei allen sogenannten Expats handelt es sich um Personen, deren Tod in ihrer eigenen Zeit kurz bevorstand, sodass ihre Entnahme keine Änderung der Historie hervorrief.
Die Analyse des Erlebens von Zeitreisenden früherer Jahrhunderte mit dem Ziel, deren Integration in die heutige Gesellschaft zu begleiten und unterstützen, erschien mir eine interessante Perspektive. Zudem versprach der Klappentext des Buches eine Liebesgeschichte. Leider wurde ich in meinen Erwartungen stark enttäuscht. Eine langsam aufflammende Liebesgeschichte konnte ich nicht erkennen. Das Buch ist über weite Strecken eher im Stil eines nüchtern beschreibenden Tagebuchs geschrieben. Ich wurde mit keiner der Figuren wirklich warm und aufgrund der ganz anders geweckten Erwartungen nervte es mich zunehmend, dass der kambodschanische Hintergrund der Protagonistin erklärbar durch den persönlichen Hintergrund der Autorin im Vergleich dazu zu stark im Vordergrund stand. Neben dem Klappentext hatte mich beim Hineinlesen auch die literarische Schreibweise angesprochen, da ich es mag, wenn Autor*innen die Geschehnisse in schöner Sprache niederschreiben. Die Sprache des Buches ist auch insgesamt als positiv hervorzuheben, was nicht zuletzt auch ein Verdienst der Übersetzerin Sophie Zeitz ist (z.B. Ich hatte gesehen, wie Leute ausbrennen nicht mit Drama und Aufstand, sondern mit der feuchten, blauen Verzweiflung von etwas, das vor seiner Entsorgung abgekocht wird). Leider driftete das Buch phasenweise in eine Aneinanderreihung solcher literarischer Sätze ab, deren inhaltliche Bedeutung mir unklar blieb und mich orientierungslos zurückließ. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass der Fortschritt der Handlung im ersten Teil zu träge war und sich im zweiten Teil dann plötzlich und immer schwerer nachvollziehbar überschlug. Dies lag auch daran, dass es mir insgesamt schwerfiel , die Handlungen der beschriebenen Personen sowie deren Beziehungen untereinander und zur Protagonistin nachvollziehen. Dies führte dazu, dass ich am Ende immer wieder mehrere Seiten übersprang und das Buch nur zuende las, weil ich dann doch wissen wollte, wie die Handlung zum Ende kommt.
Mein Fazit: Zweimal schade und einmal positiv. Schade, dass die Erwartungen, die der Klappentext weckte zu stark von dem abwichen, was ich im Buch gelesen habe. Mit anderen Erwartungen hätte es mir vielleicht etwas besser gefallen - oder ich hätte es erst gar nicht angefangen. Schade auch, dass die durchaus in verschiedenen Aspekten spannende und wendungsreiche Handlung der zweiten Buchhälfte für mich zu lange auf sich warten ließ, zu wenig vorbereitet wurde und damit für mich in weiten Teilen zu wenig nachvollziehbar war. Positiv ist die schöne Sprache hervorzuheben, die einige für mich überraschend poetische Sätze herbrachte, deren Lesen ich genossen habe.