Ich bin mit ziemlich hohen Erwartungen an Ein Ende und ein Anfang von Oliver Hilmes herangegangen immerhin verspricht der Klappentext ein packendes Panorama des Sommers 1945. Und ja, man bekommt viele Eindrücke, viele Perspektiven und eine ordentliche Portion Atmosphäre serviert. Aber irgendwie blieb ich emotional oft außen vor. Es ist, als würde man an einem Schaufenster vorbeigehen und viele spannende Szenen sehen aber reingehen darf man nicht.
Das Buch hangelt sich von Figur zu Figur, von Ort zu Ort, und obwohl das anfangs noch reizvoll ist, wirds auf Dauer ein bisschen unübersichtlich. Einige Geschichten haben mich wirklich gepackt besonders wenn sie nah an den Menschen dran waren. Andere wiederum wirkten auf mich eher wie historisches Namedropping mit begrenzter Tiefe. Mir fehlte ein bisschen der rote Faden, ein verbindendes Element, das das ganze Mosaik zu einem wirklich berührenden Gesamtbild macht.
Trotzdem: Der Stil ist angenehm, oft bildhaft, nie trocken. Hilmes versteht sein Handwerk, das merkt man. Und man bekommt viele Denkanstöße, vor allem über das Nebeneinander von Hoffnung, Verzweiflung, Neubeginn und Orientierungslosigkeit in einer einmaligen Zeit. Nur hätte ich mir gewünscht, dass die Geschichten mehr miteinander sprechen oder zumindest länger bei mir bleiben.
Für Geschichtsinteressierte mit Sinn für Details und Momentaufnahmen ist das Buch definitiv lesenswert. Wer allerdings auf einen durchgehenden Erzählbogen oder tiefere Einblicke in einzelne Schicksale hofft, könnte ein wenig auf der Strecke bleiben. Für mich wars ein solider, aber nicht überragender Lesegenuss. Drei Sterne mit Respekt für das Thema und einem leisen Wunsch nach etwas mehr Tiefe.