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Die Probe

Roman.Booker Prize 2025 Longlist

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Auf der Longlist für den Booker Prize 2025: »Ein unheimliches Buch, so kühl, dass es heiß erscheint. Es hat sich in meinen Hirnwindungen festgesetzt wie eine Klette. « Lauren GroffZwei Menschen treffen sich zum Mittagessen in einem Restaurant in Manhattan. Sie ist eine gefeierte Schauspielerin, die für eine bevorstehende Premiere probt. Er ist attraktiv und beunruhigend jung. Was die Schauspielerin anfangs für den Annäherungsversuch eines Fans hält, nimmt bald eine erstaunliche Wendung: Xavier behauptet nämlich, er sei ihr Sohn - dabei hat sie nie Kinder bekommen. Als im selben Moment auch noch ihr Mann Tomas, ein erfolgloser Schriftsteller, im Restaurant auftaucht, wird ihr klar, dass Xavier ihr Leben aus den Angeln heben kann. Katie Kitamuras psychologisch brillanter Roman stellt die Frage, wer wir füreinander sind. Ein Vexierspiel über den schmalen Grat zwischen Dichtung und Wahrheit.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
22. Juli 2025
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
176
Autor/Autorin
Katie Kitamura
Übersetzung
Henning Ahrens
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
englisch
Produktart
gebunden
Gewicht
290 g
Größe (L/B/H)
207/129/21 mm
ISBN
9783446283015

Portrait

Katie Kitamura

Katie Kitamura, 1979 in Kalifornien geboren, ist eine amerikanische Schriftstellerin, Journalistin und Literaturkritikerin. Sie schreibt für zahlreiche Zeitungen, darunter The New York Times, Wired und The Guardian. Katie Kitamura lebt in New York. Bei Hanser erschienen ihre Romane »Trennung« (2017) und »Intimitäten« (2022).

Pressestimmen

»In Die Probe fragt Katie Kitamura, ob wir andere Menschen je wirklich kennen können. Oder uns selbst. Es ist ein Roman, der das Prinzip von Stabilität an sich abschaffen will. Wirklichkeit ist darin Ansichtssache, eine Frage der Interpretation. In diesem Sinne kann alles so sein, wie man denkt. Oder genau andersherum. « Frauke Fentloh, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 27. 07. 25

»Kitamura versteht es meisterhaft, eine Atmosphäre zunehmender Beklemmung zu schaffen, die dem Roman seine hypnotische Wirkung verleiht. Dabei erzählt sie mit einer glasklaren Präzision, beschreibt mit fast beängstigender Genauigkeit kleinste Gesten. Wieder einmal zeigt sich Katie Kitamura als begnadete Kartografin der Gefühle. « Franziska Wolffheim, Tagesspiegel Plus, 21. 07. 25

»Ein ebenso fesselndes wie elegantes Vexierspiel über Beziehungen, Familie und Kunst, das immer neue Interpretationsmöglichkeiten bietet und zu einer zweiten Lektüre einlädt. « Valerie Bäuerlein, Berliner Morgenpost, 09. 08. 25

»Die Ambivalenzen und Diskrepanzen machen die Spannung dieses Romans aus. Die Probe wirkt nach. « Barbara Geschwinde, WDR5, 26. 07. 25

»Faszinierend geschrieben. Der Roman ist nur so gefüllt mit klugen Beobachtungen, Empfindungen werden in ihre kleinsten Verästelungen dargestellt und zugleich ist da eine intellektuelle Kühle, die nicht minder eindrucksvoll ist. « Ulrich Rüdenauer, MDR Kultur, 13. 08. 25

»Auf eine sehr raffinierte Weise gelingt es Kitamura, das Geschehen auf den letzten, sehr spannenden Seiten zu einer fast surreal wirkenden Zuspitzung zu führen. Die Art, wie einem beim Lesen jede Sicherheit nach und nach genommen wird, erinnert an Franz Kafka. Und doch ist dieser in seiner Präzision brillante Roman eine Geschichte aus dem Hier und Jetzt. « Michael Eggers, Deutschlandfunk, 24. 07. 25

»Es ist beeindruckend und durchaus spannend zu erleben, wie die halluzinierte und immer wieder revidierte Wirklichkeit fantasmatisch rekonstruiert wird. « Hubert Winkels, Süddeutsche Zeitung, 24. 07. 25

»Erneut ist es Katie Kitamura gelungen, das Konzept zeitgenössischen Romanschreibens auf die sprichwörtliche Probe zu stellen. Klug und messerscharf unterläuft und bricht sie in einem multipel lesbaren eruptiven Szenario Erwartungshaltungen an Erzählstrukturen und logische Schlüsse. « Ute Büsing, rbb24, 22. 07. 25

»Dank Kitamuras literarischen Könnens ist Die Probe ein dichter, sich jeder Eindeutigkeit verweigernder Roman, der eine:n mit einem beklemmenden Gefühl und mit dem Wissen zurücklässt: wir sind uns alle Fremde. « Isabella Caldart, Missy Magazine, 15. 07. 25

»Katie Kitamuras kühlen und klugen Roman Die Probe zu lesen, ist wie über brechendes und immer neu gefrierendes Eis auf einem dunklen See zu laufen, wie in einem Traum. Ein schrecklich-schönes Lektüreerlebnis. « Julia Schröder, SWR Kultur, 10. 08. 25

»Sprachlich schafft Kitamura es, einen immensen Thrill herzustellen, und erzeugt auf eine so kunstvolle Art Spannung. « Hannah Heinzinger, Bayern 2, 25. 08. 25

Besprechung vom 27.07.2025

Thriller der Beziehungen

In "Die Probe" fragt die amerikanische Autorin Katie Kitamura, ob wir andere Menschen je wirklich kennen können. Oder uns selbst.

Von Frauke Fentloh

Die amerikanische Autorin Katie Kitamura bringt ihre Figuren gern in Situationen, in denen etwas aus den Fugen gerät. Da ist die Erzählerin des Romans "Trennung", die nach Griechenland reist, um dort ihren Mann zu suchen, von dem sie heimlich getrennt lebt. Als er tot aufgefunden wird, spielt sie die trauernde Witwe. In "Intimitäten" übersetzt eine Frau am Den Haager Strafgerichtshof die Aussagen von Kriegsverbrechern. Ein Angeklagter findet Gefallen an ihr, betrachtet die Dolmetscherin, die vor Gericht seine Worte spricht, als Verbündete. Sie selbst spürt eine beunruhigende Verbindung, "als wäre ich in einen Körper verpflanzt worden, in dem ich nicht sein wollte".

In ihrem neuen Roman "Die Probe" dreht Kitamura diese Idee der ausfransenden Enden weiter. Erneut geht es um die Risse, die sich durch solide Leben und Beziehungen ziehen. Um die Machtkämpfe, die darin ausgefochten werden, und die Rollen, die wir spielen - je nachdem, mit wem wir es gerade zu tun haben. Es ist aber auch ein Roman, der das Prinzip von Stabilität an sich abschaffen will. Wirklichkeit ist darin Ansichtssache, eine Frage der Interpretation. In diesem Sinne kann alles so sein, wie man denkt. Oder genau andersherum.

Im Mittelpunkt steht eine New Yorker Theaterschauspielerin: erfolgreich, etabliert. In einem teuren, aber gesichtslosen Restaurant in Manhattan trifft sie einen viel jüngeren Mann. Gedanklich geht sie durch, welchen Eindruck das Rendezvous auf die anderen Gäste macht. Sehen die zwei aus wie Mutter und Sohn? Oder hält man ihn für ihren Geliebten, gar für eine bezahlte Begleitung? Diese Art von Spekulation ist typisch für Kitamura, deren kühle Protagonistinnen im Kopf oft ausgefeilte Szenarien entwerfen.

Doch die Begegnung verläuft anders als erwartet. Der junge Mann, Xavier, hat eine überraschende Theorie: Er hält die Schauspielerin für seine Mutter. Tatsächlich gibt es zwischen ihnen eine gewisse Ähnlichkeit. Und hat sie nicht in einem Interview, sogar mit Bedauern, davon gesprochen, ein Baby weggegeben zu haben? Aber die Schauspielerin hat nie ein Kind geboren. Langsam schwant ihr, dass hinter der Unbedarftheit, mit der Xavier ein Kinderessen aus Hamburger und Pommes bestellt, hinter seinem Charme noch etwas anderes stecken könnte. Bevor sich das lösen lässt, taucht plötzlich ihr Mann im Restaurant auf.

Für eine Weile sieht es dann so aus, als habe man es mit der Geschichte einer gut situierten und etwas eingefahrenen Ehe zu tun. Die Schauspielerin und ihr Mann Tomas leben in einem schönen Apartment auf der Upper West Side. Sie befolgen allerlei Alltagsrituale. Doch die seltsame Begegnung mit Xavier hat etwas verschoben. "Du betrügst mich doch nicht wieder, oder?", fragt er aus heiterem Himmel. Es ist eine von vielen Kehrtwenden des Romans, die abrupt die Perspektive verschieben.

Einiges ist über die Distanz geschrieben worden, die in Kitamuras Büchern zwischen den Figuren herrscht. Weil ihr Stil präzise und reduziert ist und ihre Protagonistinnen cool und namenlos, hat man die Autorin mit Rachel Cusk verglichen. Man könnte auch sagen, dass Kitamura, 1979 als Tochter japanischer Einwanderer in Kalifornien geboren, Thriller des Zwischenmenschlichen schreibt.

Ihr Interesse gilt den Tumulten, die sich unter der Oberfläche abspielen. Den Missverständnissen und Fehleinschätzungen. Menschliche Begegnungen sind bei ihr ein Powerplay: Es gibt einen Gewinner und einen Verlierer. Jemanden, der die Oberhand behält, und jemanden, der geschlagen vom Platz zieht. Nervenzerrend und amüsant zugleich ist etwa eine Szene in "Trennung", in der die Erzählerin eine junge Hotelangestellte, mit der ihr Mann vielleicht eine Affäre hatte, zum Abendessen einlädt. Wie mit dem Skalpell nimmt Kitamura das Kräftemessen bei buttrigem Hummer auseinander.

Auch "Die Probe" fragt, ob wir die Menschen, die uns nahestehen, je wirklich kennen können, ob unser Verhalten gegenüber anderen bloße Performance ist. Wie passend, dass die Erzählerin ihr Geld mit Schauspiel verdient. Das ist eine weitere Parallele zu Cusk: Natürlich geht es im Buch auch darum, was es braucht, um als Frau Kunst zu machen.

Vieles spielt sich deshalb auf der Theaterbühne ab. Die Schauspielerin hadert mit einer komplizierten Rolle. Die Proben für das Stück einer angesagten jungen Autorin sind fast beendet, doch sie bekommt die entscheidende Szene nicht hin. Das Chaos ist komplett, als Xavier wieder auftaucht: Er ist der neue Regieassistent. Ihr früheres Treffen scheint allein die Schauspielerin zu befremden. "Ich fragte mich unwillkürlich, ob ich sein bizarres Anliegen missverstanden, falsch aufgefasst oder sogar verkehrt in Erinnerung hatte."

Auf die Idee für das Buch habe sie eine Boulevardüberschrift gebracht, hat Katie Kitamura gesagt: "Ein Fremder sagte, er sei mein Sohn". Den Artikel habe sie dann gar nicht mehr lesen müssen. "Mich hat die Vorstellung gefesselt, dass in einem einzigen Moment, alles, was man über sich selbst und seinen Platz in der Welt weiß, auf den Kopf gestellt werden kann." Passend dazu folgt, gerade als man auf die Auflösung der seltsamen Begebenheit hofft, ein harter Schnitt. Es beginnt der zweite Teil des Buchs, der sich am ehesten als eine Art verrutschte Realität beschreiben lässt. Noch immer befindet man sich im Kosmos der Schauspielerin: die schicke Wohnung, Tomas, das Frühstück und das Theaterstück, mittlerweile ein rauschender Erfolg. Auch Xavier ist da - bloß ist er nun tatsächlich der Sohn der Schauspielerin. Bei einem erneuten Restaurantessen wird beschlossen, dass er wieder zu Hause einziehen kann, solange er seine Regieassistenz macht. "In diesem Moment fiel mir ein, wie es gewesen war, ihn als Kind zu umarmen, sein nach Tier riechender Nacken, ein überwältigendes Gefühl."

Und von hier an legt Kitamura falsche Fährten. Zur Vorbereitung auf den Roman hat die Autorin Horrorfilme geschaut, David Lynch, "Rosemary's Baby" von Roman Polanski. Auch wenn "Die Probe" mit den Genre wenig gemein hat: Entscheidend war das Gefühl der Entfremdung. Eine Ahnung von Unwirklichkeit zieht sich durch, wenn die Schauspielerin in ihrer Wohnung den Eindruck hat, "Räume zu betreten, die lange Zeit unbewohnt gewesen waren und doch in allen Details meinem Zuhause glichen, bis hin zur Vase auf dem Tisch im Flur und den Mänteln an der Garderobe, nur dass es eben nicht mein Zuhause war."

Immer mehr kippt die Handlung ins Surreale. Das eröffnet interessante Perspektiven zum Thema Subjektivität. Was, wenn wir unserer Wahrnehmung nicht trauen können? Wenn wir uns ständig selbst etwas vormachen? Man merkt, dass man die ganze Zeit ein völlig anderes Buch gelesen hat, als man dachte. Das Ende fällt etwas überdreht aus. Das kann einen erst einmal ratlos stimmen. Man kann es aber auch als Einladung verstehen: die Geschichte gleich noch einmal von vorne zu lesen.

Katie Kitamura, "Die Probe". Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Hanser, 176 Seiten

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

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Von Kwinsu am 14.09.2025

Drama in zwei Akten

Akt 1: Eine Begegnung mit dem jungen Xavier bringt das Leben der erzählenden Schauspielerin durcheinander. Er eröffnet der Protagonistin, er glaube sie wäre seine Mutter. Dabei kann das gar nicht sein, nie hat sie ein Kind geboren. Trotzdem lässt sie die Begegnung nicht los. Akt 2: Xavier ist bei der namenlosen Schauspielerin und ihrem Mann Tomas eingezogen. Während sie über ihr bisher verbrachtes, gemeinsames Familienleben sinniert, das Großziehen von Xavier, ihre Gefühle zu ihm, ihre nicht greifbare Beziehung, scheint dieser gekommen sein, um zu bleiben - und das nicht alleine. Katie Kitamura nimmt die beobachtenden Leser*innen in "Die Probe" mit in ein gekonntes Verwirrspiel, das - je weiter man in die Geschichte vordringt - immer undurchsichtig wird. Was ist wahr und was ist falsch, gibt es sowas wie die Wahrheit überhaupt und worin kann man Theater und Realität unterscheiden? Was ist passiert, in der Lücke, die zwischen dem ersten und dem zweiten Teil klafft? Und ist die Protagonistin überhaupt zurechnungsfähig oder befindet sie sich in einer sich stetig steigernden Wahnvorstellung? Diese Fragen und viele mehr begegnen einem unwillkürlich beim Lesen dieses Dramas in zwei Akten. Es gibt unzählige Weisen, wie man welches Ereignis / wie man die Gedanken der Protagonistin und ihrer Familie, seien es jene im Theater oder jene der vermeintlichen Realität, interpretieren kann, es bieten sich viele Spielräume, die unklar und glasklar zugleich sind. Fest steht: diesen Roman sollte man am Besten in einem Lesekreis lesen, denn alleine macht das Rätselraten, das Zurechtbiegen der eigenen Wahrnehmung, die Anstrengungen der Hirnwindungen nur halb soviel Spaß. Man sollte gefasst sein auf eine dichte Sprache, die jedes Wort ernst nimmt und gleichzeitig ad absurdum führt, nur eines ist gewiss: die Erzählerin ist absolut unzuverlässig. Zwar hat das Büchlein nur wenige Seiten, es sind nur 176 abzüglich der üblichen Leerseiten, aber es verlangt die volle Aufmerksamkeit, damit einem die Geschichten nicht davon rennen. Zu der ganzen Unklarheit kommt dann auch noch die Gewissheit, dass die Protagonistin eine hervorragende Schauspielerin ist, nicht nur im wörtlichen Sinn, sondern auch im beruflichen. Ist man mit dem Lesen fertig, beginnt erst die richtige Arbeit, denn verstehen tut man nur das, was man selbst hineininterpretieren will. Und das ist pure Absicht der Autorin. Für dieses Spiel muss man offen sein, muss sich darauf einlassen und auch bereit sein, die eigene Meinung zu revidieren. Viele kluge Fragen ergeben sich, über das Zusammenleben, über Beziehungen und Wünsche, über Karriere, über Mann und Frau - und natürlich übers Theater. Letzteres ist bekanntlicherweise eine spezielle Welt und war für mich auch der Grund, weshalb ich bei den teilweise längeren Schilderungen darüber manchmal etwas entnervt war. Überhaupt war das Milieu, in dem sich die Protagonistin bewegt, für mich sowohl unzugänglich, wie auch unverständlich. Annahmen über Menschen wirkten teilweise befremdlich, weshalb ich auch keine wirkliche Anteilnahme an dem verwirrenden Leben der Schauspielerin nehmen konnte. Mein Fazit: "Die Probe" ist ein gekonnt inszeniertes Verwirrspiel, das wohl bewusst so geschrieben wurde, dass es nicht aufgelöst werden kann. Es taucht tief ein in die wirre Psyche der Protagonistin sowie die Welt des Theaters und glänzt durch eine präzise eingesetzte Sprache. Es ist eine Empfehlung für alle, die offen sind einem unlösbaren Rätsel gegenüberzutreten und sich nicht scheuen, in die Welt des Theaters einzutauchen.
Von auserlesenes am 09.09.2025

Die Rollen unseres Lebens

In einem Restaurant in Manhattan (New York): Eine Schauspielerin (49) ist mit Xavier (25) zum Mittagessen verabredet. Sie steckt mitten in den Proben für ein Theaterstück, er hat sein Studium noch nicht beendet und möchte praktische Erfahrungen sammeln. Da wird ein Verdacht geäußert: Könnte es sein, dass die beiden Mutter und Sohn sind? Die Probe ist ein Roman von Katie Kitamura, der für die Longlist des Booker-Preises 2025 nominiert ist. Erzählt wird in 13 kurzen Kapiteln in der Ich-Perspektive aus der Sicht der namenlosen Schauspielerin. Dabei spaltet sich der Roman in zwei Teile, zwischen denen sich ein harter Bruch befindet. Eine überraschende wie kreative Struktur. Der Text ist geprägt von einer klaren, nüchternen Sprache, aber atmosphärisch stark und wortgewandt. Der innere Monolog der Protagonistin wird immer wieder durch Dialoge ununterbrochen. Die Übersetzung von Henning Ahrens ist größtenteils unauffällig. Auf den weniger als 180 Seiten ist der Text inhaltlich sehr dicht und facettenreich. Der Roman wirft Fragen von allgemeiner Gültigkeit auf: Was ist Realität und was ein Trugbild oder Einbildung? Wie passt unser Selbstbild mit der Wahrnehmung anderer zusammen? Kennen wir unsere Liebsten wirklich? Welche Dynamiken wirken in der Familie? Wie verändert Mutterschaft das Leben? Diese Gedanken schwirren der Protagonistin im Kopf herum. Dabei greift die Autorin im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinn auf die Analogie des Theaters zurück: Wir alle spielen, bewusst oder unbewusst, verschiedene Rollen auf der Bühne des Lebens. Wie die namenlose Protagonistin bleiben die Leser mit einigen Fragen zurück, denn der Roman ist ein mehrfaches Vexierspiel und liefert viel Raum für Spekulation und Interpretation. Was ist wirklich passiert, was nur Show? Wie hängen die beiden Teile zusammen? In welcher Beziehung stehen die Figuren untereinander? Beim Lesen steigert sich die Verwirrung, verschwimmen die Grenzen zunehmend und schwinden die Gewissheiten. So entsteht ein komplexes Puzzle mit widersprüchlichen Teilen, das sich unmöglich komplett zusammensetzen lässt. Schon von den ersten Seiten an strahlt die Geschichte eine Faszination aus und entwickelt einen Sog, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Tagelang hat mich der Roman intensiv beschäftigt, immer wieder Denkprozesse ausgelöst und nicht aus seinem Bann gelassen. Das etwas mysteriöse Covermotiv harmoniert gut mit dem Inhalt. Der deutsche Titel ist nicht so passgenau wie das englischsprachige Original (Audition), geht für mich aber ebenfalls in Ordnung. Mein Fazit: Nach Intimitäten ist Katie Kitamura erneut ein ungewöhnlicher, anspruchsvoller und tiefschürfender Roman gelungen, der mich beeindruckt und auf allen Ebenen überzeugt hat. Die Probe steht verdientermaßen auf der Booker-Liste. Ein Jahreshighlight 2025, das noch lange nachhallen wird.