»Büro spielen ist easy, wenn man weiß, wie. Arbeit ist einfach nur eine Rolle, die man spielen muss. Ich beherrsche diese Rolle perfekt« (S. 13).
Na, heute schon motiviert an die Arbeit gedacht? Ja, gut! Nein? Dann gehts dir wie Marisa. Sie lebt und arbeitet in Madrid. Ihr Job in einer Madrider Werbeagentur fühlt sich für die Protagonistin allerdings an wie ein Spiel und das Game »Büro spielen« hat Marisa über die Jahre nahezu perfektioniert. Unmotiviert schleppt sie sich Tag für Tag zur Arbeit. Sie bedient vor Ort das soziale Skript und schleppt sich anschließend wieder nach Hause. Freudlos zieht ihr Leben an ihr vorbei. Anstatt über ihre Situation zu reflektieren komaglotzt sich Marisa mit YouTube-Videos zu und konsumiert Beruhigungstabletten wie Gummibärchen. Der Gipfel ist das bevorstehende Teambuilding Wochenende. Während das Büro für Marisa nur der Eingangsbereich zur Hölle ist, ist ein Wochenende mit ihren Arbeitskolleg:innen die schlimmste Hölle auf Erden, die Marisa sich vorstellen kann. Doch Marisa sorgt vor und will ihre Fassade durch diverse Drogen aufrecht erhalten.
Für mich ist der Titel des Buches leider Programm. »Geht so« soll bitterböse und witzig sein, ist es stellenweise auch, aber die unreflektierte Einnahme von Beruhigungstabletten wird in dem Buch krass verharmlost und sowas fuckt mich extrem ab. Da hilft auch keine Marisa, die einfach alles hasst und mich mit ihrer erlernten Hilflosigkeit in den Wahnsinn treibt. Was mich am meisten schockt sind die fehlenden Konsequenzen. Marisa überschreitet eine Grenze nach der anderen und kommt mit allem durch.
Mir fehlt in diesem Buch definitiv der fleischgewordene moralische Zeigefinger, der Marisa auf Spur bringt. Stellen an denen Marisa ernsthaft über sich nachdenkt sind rar gestreut, aber wenn ich sie dann finde, schimmern sie wie Diamanten in diesem Wirrwarr aus Grenzüberschreitungen und delinquenten Verhalten.
Ich bin bis zum Ende unschlüssig, welche Message die Autorin mir mit »Geht so« mitgegeben will. Marisa wächst nicht über sich hinaus, es findet keine Entwicklung statt. Nein, es wird alles von Seite zu Seite noch viel schlimmer. Am Ende regelt Karma, anstatt die Justiz. Die Ausweglosigkeit und die Bewältigungsstrategien frustrieren mich zunehmend, mir fehlt in dem Buch die helfende Hand, die wirklich eine Lösung darstellt. Marisa bleibt in ihrer persönlichen Hölle und träumt sich nur selten in ein mögliches Paradies.
Ich fand auch was schön: In dem Buch wird das Triptychon »Der Garten der Lüste« von Hieronymus Bosch aufgegriffen. Der Bezug zum Bild zieht sich wie ein roter Faden durch Marisas Erzählung und ihre Handlungen.