Die Schmuckausgaben aus dem Hause Coppenrath sind wirklich eine Empfehlung wert. Die Gestaltung von Dracula ist wunderschön geworden. Das Cover mit der eindrucksvollen Burg mit seinen blutroten Fenstern und Wurzeln eines Baumes in Kombination mit den Fledermäusen vor diesem düster grau-schwarzen Hintergrund ist faszinierend und macht mir direkt Lust auf die Geschichte.
Ebenso großartig wie die Umschlaggestaltung ist das Innenlayout. Neben zehn aufwendig und superpassend zum Inhalt gestalteten Extras erwarten mich auch jede Menge farbiger Hintergründe, verschnörkelte Buchstaben, Scherenschnittmotive, Illustrationen und noch einiges mehr. Allein schon diese durchdachte Gestaltung sorgt für eine packende Atmosphäre.
Bram Stocker erzählt in Dracula die Geschichte nur in Tagebuchform. Zu Beginn folge ich dabei nur Jonathan Harkers Erlebnissen. Noch erfahre ich recht wenig über ihn und sein Ziel. Es wird jedoch deutlich, dass Jonathan geschäftlich nach Transsilvanien reist, um zu seinem Auftraggeber Dracula zu kommen. Sein Reisebericht ist durchweg interessant und mit jeder Meile, die Jonathan zurücklegt, werden seine Schilderungen düsterer und unheimlicher. Er greift dabei auch den Aberglauben und die Ängste der Menschen auf, die ihm begegnen. Doch alles bleibt mysteriös, da Jonathan die Sprache der Menschen nur unzureichend versteht und uns so verborgen bleibt, wovor sich die Menschen so fürchten.
Stück für Stück erfahre ich mehr über Jonathan, seinen Auftrag und die Situation vor Ort auf Burg Dracula.
Später kommen weitere Tagebucheinträge von unterschiedlichen Figuren hinzu, sodass es komplexer und vielschichtiger wird. Obwohl die Wahrnehmungen der Charaktere subjektiv sind, kann ich mir durch ihre Eindrücke ein umfassenderes Bild machen.
Der Schreibstil ist eingängig und an den richtigen Stellen herrlich düster-schaurig. Die Atmosphäre ist packend und macht die Geschichte äußerst stimmungsvoll. Anfänglich mag ich es, dass unbekannte Begriffe durch Fußnoten erklärt werden. Im späteren Verlauf jedoch bringen sie mich öfter aus dem Lesefluss, was ich als störend empfinde. Da wäre mir ein Glossar am Ende lieber gewesen.
Richtig gut gefällt mir der Blick in die damaligen Lebensverhältnisse und so manches Mal bin ich sehr erstaunt, welche fortschrittlichen technologischen Möglichkeiten die Menschen damals schon hatten. Auch die beginnende Frauenbewegung hält hier ihren Einzug und ich finde es großartig, wie modern Bram Stocker die Figur der Mina darstellt. Sie ist eine weltoffene Frau. Ihr Gegenstück ist ihre Freundin Lucy, die wesentlich traditioneller in ihren Ansichten und Handlungen ist.
Richtig begeistert bin ich zuerst von Van Helsing. Ein interessanter und äußerst kluger Kopf. Doch im weiteren Verlauf, besonders im letzten Drittel, verlagert sich der am Anfang doch eher sehr verschwiegene ältere Herr zu einem wahren Schwafelkopf. Er kann so langatmig schwadronieren, dass mir die Augen beim Lesen zufallen. Generell büßt im Verlauf der Handlungen mit dem Blick auf das große Finale die Geschichte an Spannung ein. Ich kann mir das gar nicht richtig erklären. Nur der Showdown selbst wird noch einmal richtig spannungsvoll und kann mit seiner gefährlichen Atmosphäre punkten.
Fazit:
Dracula ist zurecht ein Klassiker. Es hat mich erstaunt, wie wenig detailgetreu nachfolgende Filme und Bücher sind. Den Stammvater aller Vampire sollte jeder mal gelesen haben.