Es bleibt jedoch festzuhalten, dass Claudia Schmalhofer mit ihrer Dissertation zur Königlichen Kunstgewerbeschule München und ihrer Zeichenlehrerinnenausbildung eine klaffende Lücke in der Erforschung des Ausbildungswesens im München des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu schließen vermag. Trotz der erklärten und wohl zu Recht ausgesparten Analyse der künstlerischen Arbeiten von Lehrkräften und Studierenden [. . .], gelingt es der Autorin durch beispielhafte Quellenarbeit - etwa anhand der überlieferten Auflistung der benutzten Lehrmittel - die künstlerische Position der Königlichen Kunstgewerbeschule und ihre pädagogische Ausrichtung zu ermitteln.
Detailreich in allen Zusammenhängen und quellenkundlich fundiert, wird hier dargelegt, was der Fachforschung bislang kaum einmal einen Aufsatz wert war: die enge, konfliktreiche Beziehung zwischen staatlicher Zeichenlehrerausbildung und weiblichem Berufsverständnis in der »Kunststadt« München. Dabei ist es das besondere Interesse der Autorin, den Wandel der institutionellen Strukturen und internen Selbstbestimmungsversuche dozierender und studierender Frauen nachzuzeichnen. [ ] Die Autorin kann mit soziologischem Zugriff erklären, wie in München ein verwirrender Prozess zwischen geschlechtsspezifischen Karrieren, Institutionskonkurrenzen (Akademie, Technische Hochschule, Kunstgewerbeschule) und Ortsrivalitäten (München versus Nürnberg) ablief. Neben den Fortschritten und Hemmnissen in der Reformpolitik ist die Zuwendung zum »neuen« Ornament von besonderem küstlerischen Interesse. Die Geschichte des Münchner Jugendstils kann ohne diese Befunde nicht mehr geschrieben werden. [ ] Fazit: Das Buch bietet wichtige Aufschlüsse zur Münchner Bildungs- und Institutionengeschichte des 19. Jahrhunderts.