Manche Bücher schleichen sich leise ins Herz Harold und Maude hingegen hat bei mir höflich geklopft, ist dann aber ohne Einladung hereingespaziert und hat es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Es erzählt die Geschichte zweier Menschen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben sollten: Harold, jung, reich, todessüchtig und chronisch gelangweilt vom Leben und Maude, alt, arm, lebenshungrig und voller eigenwilliger Energie.
Was mich an diesem Roman so begeistert hat, ist der Ton: trocken, feinsinnig, fast schon zärtlich ironisch. Kein Kitsch, keine platte Moral, sondern eine feine Balance zwischen Melancholie und Heiterkeit. Maude, diese unerschrockene, warmherzige Rebellin, bringt nicht nur Harold, sondern auch mich zum Umdenken über Freiheit, über Lebenslust, über das Recht, anders zu sein.
Die Dialoge sind messerscharf und doch leicht, fast schwebend. Higgins schafft es, die Schwere von Themen wie Tod, Trauma und gesellschaftlichem Druck mit einer Leichtigkeit zu erzählen, die nie oberflächlich wirkt. Die Liebesgeschichte, so unwahrscheinlich sie auch scheint, berührt ohne Pathos.
Die Übersetzung ist dabei wunderbar gelungen nie gezwungen, sondern stilvoll und stimmig. Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen, mit einem Lächeln im Gesicht und einem Kloß im Hals. Es ist klug, charmant, originell und auf eine leise Weise lebensverändernd. Ganz große Empfehlung. Fünf Sterne aus vollem Herzen.