Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg, sagt das Sprichwort, aber bei Donald Duck ist das Gegenteil der Fall: Die Offenheit, mit der Donald seine Schwächen preisgibt, gewinnt unsere Herzen und bleibt unvergesslich.
Erleben Sie Donalds Lebenswerk aus neun Jahrzehnten in einer der umfangreichsten illustrierten Publikationen über das Disney-Universum. Nach Walt Disneys Mickey Mouse: Die ultimative Chronik von TASCHEN verfolgen wir nun die Karriere von Mickeys einzigem Rivalen im Kampf um den Titel der beliebtesten Disney-Figur. Beginnend mit seinem Debüt im Kurzfilm The Wise Little Hen in der Reihe Silly Symphony am 9. Juni 1934 dokumentiert dieser Band Donalds über 170 Zeichentrickfilme, seine Abenteuer im Comic und im Fernsehen sowie seine Auftritte in Themenparks. Als besonderes Schmankerl für seine Fans sind die Autoren zudem tief in Disneys Schatzkammern eingetaucht, um die Geschichte seiner unvollendeten Filmprojekte zu erzählen.
Dank des beispiellosen Zugangs zu den umfangreichen historischen Archiven und Sammlungen von Disney sowie zu öffentlichen und privaten Sammlungen konnten seltene Konzeptzeichnungen, Story-Skizzen, Hintergrundbilder, Animations- und Comic-Zeichnungen sowie historische Fotos zutage gefördert werden. Wir begegnen dem Werk aller wichtigen Künstler in Film und Comic, die die Figur Donald geprägt haben. Eine umfassende Würdigung erfährt der als "Duck Man" verehrte, legendäre Comicerzähler Carl Barks, dessen noch nie gezeigte frühe Storyboard-Zeichnungen hier zu sehen sind.
Außerhalb des Superhelden-Genres ist Donald Duck die am meisten gedruckte Figur in der Comic-Geschichte, und er erschien häufiger auf der Leinwand als jede andere Disney-Figur. Seit den 1950er Jahren hat sich Entenhausen zu einem wahrhaft globalen Dorf entwickelt, in dem sich eine neue Generation internationaler Künstler zu ihren amerikanischen Kollegen gesellt hat.
Carl Barks einmal: "Donald ist alles, er ist jeder. Er macht die gleichen Fehler, die wir alle machen." Walt Disneys Donald Duck mag oft Pech haben, aber gerade deshalb kann sich jeder mit der berühmtesten und beliebtesten Ente der Welt identifizieren, die mit dieser umfassenden Hommage gebührend gefeiert wird.
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Besprechung vom 17.10.2024
Tusch für den kleinen Herrn Duck
Benedikt Taschens Jugendtraum wird wahr: Nach jahrelanger Vorarbeit kommt in seinem Verlag ein Prachtband zu Donald Ducks Geschichte heraus.
Vor fünf Jahren stand der Verleger Benedikt Taschen in seinem Haus hoch über dem San Fernando Valley und zeigte die Aushänger zu einem kommenden Prachtband über eine Figur, die das Leben beider Anwesender geprägt hat: Donald Duck. Taschen kam aus dem Schwärmen über das, was da zu sehen war, gar nicht mehr heraus - es war ja auch seine Erfolgsgeschichte. In den Siebzigerjahren war er noch vor seiner Volljährigkeit als Comic-Händler aktiv geworden, hatte dann mit achtzehn einen eigenen Laden in Köln eröffnet und es sich dadurch mit der damals frisch gegründeten D.O.N.A.L.D. verscherzt, jener Vereinigung von Donaldisten, deren N im Akronym für "nichtkommerziell" steht. Die Donaldisten ächteten den geschäftstüchtigen jungen Mann, aber dessen Aufstieg zum Großverleger verhinderte das nicht. Und der Besucher hatte als Teenager die Donaldisten ausgerechnet über eine von deren Zeitschriften kennengelernt, die er aus den Schubladen des von ihnen verfemten Comicladens von Benedikt Taschen gezogen hatte.
Die Liebe zu Donald Duck ist bei Taschen nie erkaltet, aber bis es jetzt zu dem Band, den er sich erträumte, gekommen ist, musste er dreiundsechzig werden und ein halbes Dutzend anderer Referenzwerke zur Comic- und Animationsgeschichte vorlegen: zu Marvel-Superhelden und Disney-Trickfilmen. Letztere öffneten dann die Tür zum Donald-Duck-Buch. Nun ist es endlich da, nach jahrelanger Arbeit des Herausgebers Daniel Kothenschulte, die vor allem darin bestand, das überreiche Disney-Archiv zu sichten und dann die Genehmigungen für den Abdruck der dort aufgestöberten Entdeckungen zu erhalten. Was 2019 schon an Taschens Wand hing, das waren Andrucke riesig vergrößerter Heftumschläge und Comicseiten von Carl Barks, des berühmtesten aller Donald-Zeichner, und was sie damals bereits klarmachten, war, dass hier eine Rekonstruktions- und Reproduktionsqualität walten würde, die es bisher bei den vielen Liebhaberausgaben zu Barks noch nicht gegeben hatte. Aber was damals zu sehen war, durfte als bekannt gelten. Was nun außerdem den Weg in den Band gefunden hat, ist es nicht.
Das Spektakulärste dabei ist, was Kothenschulte an Vorentwürfen zu Donald-Filmen ans Licht bringt: unter anderem zahllose Storyboard-Zeichnungen (also die Keimzellen zu späteren Cartoons), die Carl Barks in seiner Eigenschaft als "Story Artist" im Disney-Filmstudio gezeichnet hat. Das war das Trainingsgelände für den späteren beispiellosen Erzähler, denn da gibt es schon Figuren und Handlungsverläufe, die man aus seinen berühmtesten Comics kennt. Etwa eine nie verfilmte Geschichte namens "Madame XX" aus dem Jahr 1941 über einen spionierenden Vamp, die der kollektiven Angst vor ausländischen Agenten in den Vereinigten Staaten jener Zeit Ausdruck gab und sie auf Donald Duck als die damals populärste Zeichentrickfilmfigur übertrug. Die amerikanischen Disney-Experten J. B. Kaufman und David Gerstein, die Kothenschulte als Autoren für sein Buch gewinnen konnte, sehen in der Femme-fatale-Titelheldin die Vorläuferin für die spätere Figur der Gundel Gaukeley, aber die Handlung dieses nie fertiggestellten Films ist vor allem Muster gewesen für Barks' Duck-Abenteuer "Dangerous Disguise" aus dem Jahr 1951, in dem eine "Madame Triple-X" als Gegenspielerin des arglosen Donald auftreten sollte. Dreifach X klingt besser als doppelt.
Das ist nur ein Beispiel für die Bereicherung, die selbst das Wissen intensiv Duck-Begeisterter durch dieses Buch erfahren wird. Doch was noch viel breiteres Interesse beanspruchen darf, ist die überreiche Bildauswahl. Da sind Hintergrundzeichnungen aus den Donald-Cartoons, deren übersteigerter Realismus die Neue Sachlichkeit alt aussehen lassen. Und Vergrößerungen einzelner Comic-Panels, die die gestische Meisterschaft eines Zeichners wie Al Taliaferro deutlich machen, der als Erster überhaupt Donald als Comicfigur einsetzte - Barks verdankte ihm viel, nicht nur Figuren wie Tick, Trick und Track oder Oma Duck, sondern vor allem die Expressivität seiner Entenhausener. Oder Filmplakate, die den Betrachter in ihrer aggressiven Farbigkeit geradezu anspringen. Pop-Art avant la lettre.
Dazu kommen kenntnisreiche Texte (dem Umfang nach jeweils veritable Monographien) zu Themen wie ungedrehte Donald-Cartoons, Propagandawerke aus den Kriegsjahren (deren Analyse der Disney-Konzern bislang immer äußerst skeptisch begegnet war) oder der kaum je zuvor behandelten internationalen Verwertung der ikonischen Figur. Hier findet denn auch mit Ulrich Schröder einer von bislang nur drei deutschen Donald-Autoren mit internationaler Wirkung Erwähnung - die anderen beiden (leider im Buch ungenannten) sind der den Lesern dieser Zeitung wohlvertraute Volker Reiche und der in München zeichnende Jan Gulbransson. Schröder war von Paris aus jahrelang für die Qualitätskontrolle von Donald-Darstellungen zuständig. Und ist zugleich selbst einer der elegantesten Zeichner auf diesem Feld.
Deshalb wird er am kommenden Samstag auf der Frankfurter Buchmesse das frisch erschienene Taschen-Buch signieren. Angesichts des zunehmenden Einsatzes Künstlicher Intelligenz beim kommerziellen Comiczeichnen wird es eine mit Schröders Können vergleichbare handwerkliche Fertigkeit bald wohl nicht mehr geben. Daniel Kothenschultes Band setzt auch ihr ein Denkmal. Nicht nur der Lieblingscomicfigur seines Verlegers Benedikt Taschen. ANDREAS PLATTHAUS
Daniel Kothenschulte (Hrsg.): "Donald Duck - The Ultimate History".
Taschen Verlag, Köln 2024, 564 S., Abb., geb., 175,- Euro.
Die bild- und preisidentische deutschsprachige Ausgabe "Donald Duck - Die ultimative Chronik" erscheint im November.
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