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Russische Spezialitäten

Roman

(161 Bewertungen)15
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Bittersüß und zutiefst politisch schreibt Dmitrij Kapitelman in seinem neuen Roman über Familie und die (Un-)Möglichkeit der Verständigung in Zeiten alter und neuer Kriege. Eine Familie aus Kyjiw verkauft russische Spezialitäten in Leipzig. Wodka, Pelmeni, SIM-Karten, Matrosenshirts - und ein irgendwie osteuropäisches Zusammengehörigkeitsgefühl. Wobei, Letzteres ist seit dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht mehr zu haben. Die Mutter steht an der Seite Putins. Und ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, aber auch keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Klug ist es nicht von ihm, mitten im Krieg in die Ukraine zurückzufahren. Aber was soll er tun, wenn es nun einmal keinen anderen Weg gibt, um Mama vom Faschismus und den irren russischen Fernsehlügen zurückzuholen? Ein Buch, wie nur Dmitrij Kapitelman es schreiben kann: tragisch, zärtlich und komisch zugleich.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
18. Februar 2025
Sprache
deutsch
Untertitel
Roman.
Seitenanzahl
182
Autor/Autorin
Dmitrij Kapitelman
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Gewicht
303 g
Größe (L/B/H)
205/130/22 mm
ISBN
9783446282476

Portrait

Dmitrij Kapitelman

Dmitrij Kapitelman, 1986 in Kyjiw geboren, kam im Alter von acht Jahren als »Kontingentflüchtling« mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Leipzig und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Heute arbeitet er als freier Journalist. 2016 erschien sein erstes, erfolgreiches Buch "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters", für das er den Klaus-Michael Kühne-Preis gewann. 2021 folgte "Eine Formalie in Kiew", für das er mit dem Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag ausgezeichnet wurde.

Pressestimmen

»Kapitelman schreibt mit zärtlichem Blick über die, denen er politisch hart entgegentreten muss. Ein Buch über die Unmöglichkeit der Verständigung, das Verständnis ermöglicht. « Tobias Becker, Der Spiegel, 22. 02. 25

»Gerade darin entfaltet der Roman seine Qualität wenn der Held zwischen seiner ukrainisch-jüdisch-moldawischen Familie und der bröselnden eigenen Identität nach Gewissheiten sucht. « Ruth Bender, Saarländischer Rundfunk, 2. 4. 25

»Ein höchst seltenes Leseglück. « Erhard Schütz, Das Magazin, 29. 03. 2025

»Ich war von diesem Buch begeistert! Es ist eine wahnsinnig berührende und traurige und manchmal auch verzweifelte Geschichte. « Anne-Cathrin Simon, Podcast Die Bücherei , 23. 03. 25

»Man weiß nie genau, wo das Autobiografische aufhört und das Fiktionale beginnt. Aber letztlich ist das einerlei, denn es geht um universelle Themen: wie man für immer in seiner Sprache beheimatet ist und wie schwierig es ist, ein liebender Sohn zu bleiben. « Sabine Frank, MDR Kultur, 17. 03. 25

»Ein autobiografischer Roman über Identitätsfragen in identitätspolitisch hochtoxischen Zeiten. « Alex Rühle, SZ Online, 27. 02. 25

»Das ist witzig, brillant witzig. « Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau, 21. 02. 25

»Den Mutter-Sohn-Konflikt erzählt Kapitelman auf tiefgründige, zärtliche Weise und immer mit einem großartigen Gespür für Situationskomik, obwohl die Lage todernst ist. Russische Spezialitäten ist ganz große Literatur. « Björn Hayer, Der Freitag, 20. 02. 25

»In Russische Spezialitäten erforscht Dmitrij Kapitelman die Beziehung zu seinen Eltern, vor allem zur Mutter; die politischen Kräfte, auch jene in Deutschland, immer im Blick. Er tut dies verzweifelt und zugewandt; liebevoll und verständnislos. Was nach Schwere klingt, liest sich bei Kapitelman dennoch leicht. Weil er ein empathischer Beobachter und Erzähler ist. Weil er sich Worte, Sätze und Szenen ausdenkt, die von liebenswertem Sarkasmus und poetischer Luftigkeit getränkt sind. « Andrea Schwyzer, NDR Kultur, 17. 02. 25

»Es ist ein sanftes Buch, sehr humorvoll, sehr liebenswert, obwohl es doch ein düsteres Thema hat, aber Kapitelman zaubert aus diesem düsteren Thema ein leichtes, sehr schönes und gleichzeitig auch sehr bewegendes Buch. « Irene Binal, Ö1 ex libris, 16. 02. 25

Besprechung vom 27.02.2025

Zungenmuttersprache

Im sicheren Fritzland Braunschweiger Wurst fressen? Dmitrij Kapitelman lotet in seinem Roman "Russische Spezialitäten" die absurden Spannungen zwischen einem in Kiew geborenen Deutschen und seinen russlandtreuen Eltern aus.

Ganz kurz schießt einem mitten in der Lektüre dieser Gedanke durch den Kopf: Ist das "Russendisko" für die Gegenwart? Steht die auf den ersten Blick sehr amüsant wirkende Schreibweise des 1986 in Kiew geborenen Dmitrij Kapitelman, der im Alter von acht Jahren als "jüdischer Kontigentflüchtling" nach Deutschland kam, in der Tradition jener Kolumnen und Erzählungen, mit denen der 1967 in Moskau geborene Wladimir Kaminer vor 25 Jahren vielen Hörern und Lesern das Leben von Russlanddeutschen im wiedervereinten Berlin parodistisch näherbrachte?

Wenn der Erzähler in Kapitelmans neuem Roman "Russische Spezialitäten" von seiner Jugend in Leipzig zu Beginn der Neunziger berichtet und vom ersten Volkswagen-Dreitürer seiner Mutter, der "schon damals zu siebzig Prozent aus Lidl- respektive Kaufland-Broschüren bestand" und "zu weiteren zwanzig aus Zigarettenstummeln", könnte man sich kurz zurückversetzt fühlen in Kaminers glossig-kritisch und doch euphorisch geschilderte Nachwendezeit. Bald kann sich die Mutter einen Golf leisten und steht auch später für den Sohn stets "motorisiert bereit", um ihn "aus jeglichen Notlagen" herauszumanövrieren.

Aber dann ändert sich von Satz zu Satz die Stimmung, und man begreift, dass der Vergleich nicht weiter trägt, weil eine ganz andere Zeit angebrochen ist. "Seit der Krieg zwischen uns einen Graben zieht, steige ich dennoch nicht mehr so gern ein. Bei einer neuerlichen Fahrten erklärte Mama rundheraus, dass das Massaker von Butscha Fake sei. Dass Ukrainer das alles inszeniert hätten mit Schauspielern, die sich in den Straßen tot stellen, um gegen Russland aufzuwiegeln. Ich versuche, Distanz zu halten."

Trotz des unüberbrückbaren Grabens, der sich zwischen Mutter und Sohn aufgetan hat, sitzen die beiden auf gewisse Weise noch in einem Boot - und manchmal auch doch wieder zusammen im Auto, weil in Deutschland viele Züge ausfallen. Der Sohn versucht, die neue Wirklichkeit weiter mit Humor zu schildern, auch wenn es bisweilen ein Humor der Verzweiflung ist. Die Mutter schaut während der Fahrt auf dem Handy, das am Armaturenbrett klemmt, russisches Staatsfernsehen. "Im Handyrussland meiner Mutter bereiten sich russische Rekruten auf ihren ersten Fallschirmsprung vor. 'Herr Korporal', fragt einer der verängstigten, blutjungen russischen Kadetten. 'Was, wenn der Fallschirm sich nicht öffnet?' - 'Dann bekommst du anschließend einen neuen.'" Der Erzähler muss eingestehen, dass die Pointe "ja tatsächlich prima" war. Also lächelt er "verhalten und möglichst nicht kriegsrelativierend zurück."

Wie Kapitelman diese Autoszene auf der Kippe zwischen Witz und Schock ausbalanciert und dabei poetisch verdichtet, ist meisterhaft. Es gelingt ihm sogar noch, reportagehaft ein Stück ostdeutscher Wirklichkeit mit zu beschreiben, während die fernere ständig dazwischenfunkt: "Wir biegen auf die A 14 ab, passieren die Kiesgrube Kleinpösna, sächsische Baggerseen und Zementmischer. Und stecken doch tief in Osteuropa."

Zuspitzung ist auch das Prinzip des Werks als Ganzem. In schlaglichtartigen Abschnitten entwirft der Erzähler die Geschichte seiner Familie von der Ankunft in Deutschland um 1994 bis zur Gegenwart. Der Laden für "russische Spezialitäten", den sie für einige Jahre gemeinsam in Leipzig betrieben hat und der dem Buch den Titel gibt, wird vom verbindenden Ort zum Brennpunkt einer Entfremdung: Denn während zunächst noch Wodka und Krimsekt, nowosibirische Pelmeni und ukrainischer Kwas unter einem Dach und auf einer Theke zusammenpassen, wird dies mit den wachsenden Spannungen zwischen Russland und Ukraine plötzlich fragwürdig.

Fühlte der Erzähler sich als jugendlicher Verkäufer in jenem Laden noch "wie ein historisch-slawischer Pfandautomat", in den die ostdeutschen Kunden übrig gebliebene Nostalgie einwerfen und dafür "ewige Einheit" mit Russland zurückerhalten, zeigt sich mit seinem Älterwerden bei der Reibung an russischen Produkten immer stärker seine ukrainische Identität, und er erkennt die "unerträglich sinnlose Tragödie, die Russland in mein Geburtsland gebracht hat".

Das führt dazu, dass er im zweiten Teil des Buches nach Kiew reist, mitten im Krieg. Dass er dies kann, ohne zur Armee eingezogen zu werden, verdankt sich seinem deutschen Pass, macht aber die ukrainische Grenzbeamtin wütend: "Warum soll der im sicheren Fritzland Braunschweiger Wurst fressen! Und wir vergehen hier!" Die Kommunikation mit den russlandtreuen Eltern hingegen nimmt bisweilen groteske Züge an: "Hallo Mama, der Massenmörder, den Du unterstützt, hat mich nicht mitvernichtet. Gehe gleich georgisches Zazivi-Hühnchen essen."

Das heikelste Thema des Romans ist die Sprache. Während der Erzähler sich ukrainisch fühlt, bezeichnet er seine Muttersprache als Russisch, und als er in der Ukraine Freunde fragt: "Also musstet ihr eure eigene Muttersprache vergessen?", womit er Russisch meint, herrscht kurz Grabesstille. Einer antwortet dann, er habe vor zwei Jahren selbst noch kein Ukrainisch gekonnt. Aber inzwischen ekle ihn das Russische an. Als "vermaledeite Zungenmuttersprache" bezeichnet der Erzähler es deshalb.

Das Ziel der Reise, nämlich seine Mutter von der Absurdität russischer Propaganda zu überzeugen mit Berichten und Bildern aus eigener Anschauung, scheitert leider auf absurde Weise. Nach einem Besuch in Butscha sitzt der Erzähler in Kiew, als es einen Luftangriff gibt. Im Bunker geht das Licht aus, aber das Handy hat Empfang. Die Mutter schreibt aus Deutschland, es bestehe "keine richtige Gefahr", denn "Russland beschießt ja ausschließlich militärische Ziele". Der Sarkasmus von Dmitrij Kapitelmans kurzem, aber abgrundtiefem Roman ist bisweilen so stark, dass er kaum auszuhalten ist. Da hilft auch ein halbversöhnlicher Schluss mit einem weiteren Schuss verzweifeltem Humor nicht viel. JAN WIELE

Dmitrij Kapitelman:

"Russische Spezialitäten".

Roman.

Hanser Berlin Verlag,

Berlin 2025.

184 S., geb

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

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LovelyBooks-BewertungVon FrancieNolan am 05.07.2025
Viel (russische) Nostalgie, viele Neologismen, viel grotesker Humor, aber zu wenig tiefere Auseinandersetzung, insbesondere mit der Mutter.
LovelyBooks-BewertungVon Lassmallesen_chris am 30.06.2025
ch blicke mit gemischten Gefühlen auf den Roman zurück. Es wird mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ein wichtiges Thema behandelt, in dem der Autor auch klar Stellung bezieht und trotz des harten Stoffes es schafft, mich gut zu unterhalten und zum Schmunzeln zu bringen. (z.B. "unzählige drei LKWs" ¿)Besonders den 2. Teil, die Reise in die Ukraine, fand ich sehr gelungen, da dort ein authentisches Bild des Lebens zu Kriegszeiten gegeben wird. Ein wirklich schreckliches Dasein zwischen Normalität, Abstumpfung und ständiger Alarmbereitschaft.Generell ist es aber kein Roman, den man schnell durchlesen kann. Dies lag für mich an den vielen osteuropäischen Namen, den Spitznamen der Figuren und auch den vielen osteuropäischen Begriffen. So kam bei mir kein richtiger Lesefluss auf.Enttäuscht war ich über den Mutter-Sohn-Konflikt. Dieser blieb in meinen Augen nur oberflächlich, da hätte ich mir intensivere Versuche des Sohnes gewünscht, seine Mutter davon zu überzeugen, dass sie auf russische Propaganda reinfällt. Die Auflösung am Ende für das Verhalten der Mutter wirkte mir zu sehr aus dem Hut gezaubert. Dass sich Kapitelman eine solche Info für den Schluss aufhob und diese Person erst dann thematisierte, wirkte für mich nicht realistisch und wie ein Fremdkörper.Laut Klappentext ging ich eigentlich davon aus, dass die Mutter in die Ukraine mitkommt. Dies war aber nicht der Fall. So aber hat die Reise des Sohnes in die Ukraine auf die Mutter-Sohn-Konflikt keine Auswirkungen.
Dmitrij Kapitelman: Russische Spezialitäten bei hugendubel.de. Online bestellen oder in der Filiale abholen.