Vor meinem inneren Auge öffnet die Stadt ihre Türen, und der Geruch von Kaffee mischt sich mit dem Versprechen einer neuen Zeit. Martin Schlosser stolpert nicht nur ins neue Millennium, er tappt in all die kleinen Katastrophen und glücklichen Fügungen, die ein Leben in der Großstadt ausmachen. Die Sprache trägt Bilder: Abende im Theater, das Flackern von Anzeigenlicht, Gespräche, die in verrauchten Kneipen zu Mythen anwachsen. Dabei bleibt der Ton warm und manchmal verletzlich, als würde eine Freundin mir bei einem Glas Wein ihre verwegenen Hoffnungen anvertrauen.
Ich spüre das Ringen zwischen Kunst und Alltag, wie Erfolg und Familienglück aneinander reiben. Henschel gelingt es, die Zeit um die Jahrtausendwende mit liebevoller Genauigkeit zu treffen nicht als Retro-Postkarte, sondern als atmende Gegenwart. Manche Kapitel dehnen sich in kleine Essays, die gelegentlich die Handlung ausbremsen; wer knallenden Plot erwartet, wird hier eher seelische Wahrnehmungen finden. Am Ende steht dennoch ein versöhntes Bild: Ein Mann, ein Theater, ein Kind, und diese unerschütterliche Zuversicht, dass das 21. Jahrhundert vieles bereithält vielleicht nicht das, was man plant, aber das, was bleibt.