Es mag seltsam anmuten, die persönliche Korrespondenz eines Menschen zu lesen, den man nicht kennt. Gisela Steineckert kannte ich zuvor auch nicht als Schriftstellerin, Kulturschaffende und bekannte Persönlichkeit der DDR. Dennoch hat sie mich in den Briefen, die in diesem Band versammelt sind und kommentarlos hintereinander weg kommen, sofort abgeholt. Wo wir in der heutigen Kommunikation alles abkürzen und Emojis oft Worte ersetzen, nimmt Steineckert sich Zeit, egal, wem sie schreibt. Und beim Lesen gewinnt man den Eindruck, sie würde über jedes Wort nachdenken, die sprachlichen Bilder mit Sorgfalt und Liebe erschaffen. Einer Poetin gehen sie vielleicht leichter von der Hand, trotzdem fühlt man sich als Adressat und in diesen versetzt man sich beim Lesen unweigerlich hinein wertgeschätzt, als würde die Schreiberin in diesem Moment ganz und gar für einen da sein. Zugleich sind diese Briefe auch als Steineckerts Biografie zu lesen, schließlich verraten sie, wie sie denkt und fühlt und zu diesem oder jenen Menschen steht. Insgesamt eine sehr interessante Lektüre über eine interessante Persönlichkeit!