Ein Mädchen, geboren zwei Jahre vor Kriegsende, interessiert sich für alles, was da kreucht und fleucht. Vor dem Bienenhaus des Großvaters fragt sie: "Wie finden die Bienen denn immer nach Hause?" "Ach, das ist eben so. Das machen die instinktiv", antwortet der. Eine schlechte Antwort, denkt das Mädchen. "Instinktiv" heißt doch, dass der Großvater nichts darüber weiß. Aber sie mag ihren Großvater und die Bienen. So schluckt sie ihren Ärger herunter. Später liest das Mädchen die Bücher von Niko Tinbergen und Konrad Lorenz. "Ich will Tierpsychologin werden!" sagt sie begeistert zu ihrem Vater, der als Geologe und Prähistoriker ein wissenschaftliches Institut leitet. "Ich will das Verhalten der Tiere verstehen! Von Hunden, Hühnern und Honigbienen."Ihr Vater ist entschieden dagegen: "Liebe Tochter, Tierpsychologin ist kein Beruf für dich! Besonders Bienenforschung ist ohne Zukunft. Als Frau wirst du heiraten und Kinder großziehen. Wenn es schon ein naturwissenschaftliches Fach sein muss, dann solltest du Lehrerin werden. Also studiere meinetwegen Biologie, aber in Richtung Lehramt! Dann hast du Zeit für deine Familie".
Ein Junge, geboren vier Jahre vor Kriegsende, interessiert sich für "alles, was da kreucht und fleucht. Wieder einmal steht er mit seinem Vater, einem Arzt, vorm Bienenhaus. Die Bienen fliegen geschäftig ein und aus. "Wie finden die Bienen denn immer nach Hause?" fragt er den Vater. "Ach, das ist eben so. Das machen die instinktiv" antwortet der. "Instinktiv! Das ist immer deine Ausrede, wenn du was nicht weißt. Ich will mehr wissen, mehr herausfinden. Ich werde Bienenforscher!"Sein Vater ist entschieden dagegen: "Lieber Sohn, Bienenforscher ist kein Beruf für dich. Das ist ein Exotenfach ohne Zukunft. Als Mann musst du später deine Frau und deine Kinder ernähren. Du solltest Medizin studieren. Als Arzt kannst du wie ich - einige Bienenvölker halten. Bienen sind ein schönes Hobby, aber kein Beruf!"