Es ist schwer über eine Biografie zu schreiben und sie zu beurteilen, zumindest inhaltlich. Das möchte ich auch nicht. Hape Kerkeling schreibt hier vor allem über seine Kindheit, die anfangs zwar recht fröhlich war, sich aber dann in ein schweres Familienschicksal entwickelt hat. Ich habe ja schon ein Buch von Hape gelesen und zwar sein Erstling und wohl bekannteste Werkt "Ich bin dann mal weg". Zu dem Buch habe ich tatsächlich nur gegriffen, weil ich Hape sehr sympathisch finde. Denn die Thematik um den Jakobsweg finde ich jetzt nicht sonderlich spannend. Weder das Wandern an sich und noch weniger die religiöse Verbindung. Aber schon in dem Buch hat Hape eine Erzählweise an sich gehabt, dass ich das Buch interessiert gelesen habe. Mich hat eben seine Sicht auf die Welt gelesen und auch wenn da lustige Passagen mit dabei waren, konnte man auch dort einiges entdecken, dass einem zum Nachdenken brachte. In dem aktuell gelesenen Buch war es nicht anders. Für mich hat einen packenden Schreibstil. Wenn ich sein Buch lese, dann kann ich mir bildlich vorstellen, wie er mir die Geschichte erzählt. Irgendwie schafft er es meisterlich zwischen Humor und sehr ernsten Passagen zu springen, ohne dass es seltsam wirkt. Ich habe teils geschmunzelt, aber mir sind auch die Träne in die Augen gestiegen und er tat mir schrecklich leid, was er in seiner jungen Kindheit erleben musste.Ich dachte die ganze Zeit, dass Buch handelt vor allem in seiner Jugendzeit, aber die wurde ja nur am Ende mal kurz erwähnt. Die wirklich prägenden und auch sehr traurigen Ereignisse sind ihm ja als kleiner Junge geschehen, als Grundschüler. Und für mich hat er das so eindrücklich und emotional beschrieben.Ich war auch erstaunt, an was er sich alles erinnern kann. Klar, wird er mit seinen Verwandten darüber gesprochen haben und dadurch werden auch die Erinnerungen wiedergekommen sein, aber er schreibt das ja alles aus seiner Sicht. Und wenn er die Szenen so beschreibt, dann hat es sich angefühlt, als würde er das jetzt gerade noch einmal erleben und somit auch der Leser.Wenn ich so überlege, an was ich mich aus meiner frühen Kindheit erinnere, dann ist das wirklich sehr wenig. Meine Eltern sind teilweise recht enttäuscht, wenn ich mich an gewisse Sachen eben nicht mehr erinnern kann. Meine eine Oma ist beispielsweise auch früh gestorben und der Tod meines einen Opas war auch nicht sonderlich schön für die Familie. Das weiß ich aus Erzählungen, aber selbst habe ich gar keine Erinnerungen mehr an das, was vielleicht auch gut ist. Denn Hape hat ja doch sehr lange gebraucht, um das zu überwinden und er hat das auch auf eine intensive Art nach seinem Buch miterlebt. Was mich auch beeindruckt hat, wie taff er seine Verwandten beschrieben hat. Personen, die ihn besonders geprägt haben, waren ja die Frauen. Schon erstaunlich, wie selbstbewusst und rigoros diese waren, wenn man bedenkt, dass sich das Meiste in dem Buch in den 70er abspielt. Gleichzeitig fand ich aber auch, dass er dieses Jahrzehnt gut eingefangen hat. Ich habe da nicht gelebt, aber beim Lesen hat es sich schon angefühlt, in eine ganz andere Zeit einzutauchen.Viele Themen wurden angesprochen. U. a. über seine Homosexualität und ich hatte den Eindruck, dass es in seiner Familie kaum ein Thema war (in kritischer Hinsicht) und da bin ich froh, dass ihm wenigstens das erspart blieb, was er wohl seiner Oma zu verdanken hat. Wenn ich etwas kritisieren würde, dann vielleicht sein langer Einstieg, bis er überhaupt dazu kam, über seine Kindheit zu erzählen. Aber eigentlich brauche ich das auch nicht zu kritisieren, weil ich das auch interessant finde. Wie gesagt, hat Hape für mich einen Schreibstil, der mich sofort mitnimmt. Ich glaube, er könnte auch ein Rezeptbuch schreiben und ich würde es interessiert lesen. Fazit:Ich habe es mir schon fast gedacht und deshalb ist es umso seltsamer, dass es so lange gedauert hat, bis ich zu dem Buch gegriffen habe, aber es hat mir ausgesprochen gut gefallen und gehört definitiv zu meinen Highlights. Es war emotional packend und doch auch stellenweise sehr komisch. Letzten Endes würde ich zwar dennoch sagen, dass "Ich bin dann mal weg" mir einen Tick besser gefallen hat, aber das kann auch daran liegen, da es das erste Buch von ihm war, was ich gelesen habe. Von mir gibt es natürlich fünf Sterne.