Besprechung vom 28.04.2025
Do laachs do dich kapott
Dat nennt mer Cämping: Iron Tazz gibt Tipps für Reiseabenteuer in Wald und Feld, in schönen Naturfarben und bisweilen etwas hölzern illustriert von Martin Stanev.
Sammle Holz, bevor du Feuer machst: Dieser Hinweis, der sich im vorliegenden Buch findet, erinnert ein bisschen an ein vor Jahren in Nordamerika gesehenes Mitbringsel für Touristen zur Wettervorhersage. Auf eine Holzplatte mit der Gravur "Old Indian - Never Wrong" war ein pyramidenförmiges Gestänge montiert, an dem ein Stein an einer Schnur hing. Darunter stand ferner (hier übersetzt): "Wenn der Stein nass ist, regnet es. Wenn der Stein sich bewegt, ist es windig" - und so weiter.
In diese Richtung gehen viele der Hinweise und Warnungen, die ein Mann mit dem märchenhaften Namen Iron Tazz in seinem Buch "Raus in die Natur" versammelt. Es verspricht "alles, was du über Camping, Wandern und Backpacking wissen musst", und zeigt es illustriert in ganz verschiedenen Klimazonen, von Stränden und Küstenwegen über Waldgebiete, von "zauberhaften Seenwanderungen" bis in Grasland und Prärien. Auch wenn die Illustrationen von Martin Stanev universell wirken und diverse Länder und Weltgegenden darstellen könnten, meint man, ihnen etwas typisch Nordamerikanisches anzusehen.
Stanev stammt aus Bulgarien und lebt in England; der Autor Iron Tazz hingegen stammt tatsächlich aus dem Pazifischen Nordwesten an der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Kannada, genauer gesagt aus den Olympic Mountains, die im amerikanischen Bundesstaat Washington nahe Seattle aufragen, bis zu 2400 Meter hoch. Und in dieser Gegend gibt es tatsächlich auch ganz verschiedene Klimazonen auf relativ engem Raum, da findet man Farnregenwälder neben schneebedeckten Bergen, Süßwasserseen neben dem salzigen Puget Sound, und östlich der Berge beginnt eine ganz andere Landschaft mit weiten Steppen.
Iron Tazz weiß also, wovon er redet, wenn er anfangs stolz erwähnt, er sei in seinem Leben schon 15.000 Kilometer weit gewandert und habe mehr als 400 Nächte in der Wildnis verbracht. Und Martin Stanev bringt besonders den Kontrast zwischen den satten Grüntönen (Wald, Farne, Blumenwiesen) und den Ocker- und Brauntönen (Trockengras, Baumstämme, bisweilen auch Sandsteinformationen, die an südlichere Nationalparks und Canyons der Vereinigten Staaten erinnern) in seinen Bildern heraus. Selbst die Wanderausrüstung, auf die das Buch detailliert eingeht vom Rucksack bis zum Wasserfilter, ist in diesen gedeckten Farben gehalten - das ist ein schöner, ebenfalls märchenhafter Zug an dieser Inspirationsquelle für ältere Kinder und Jugendliche, der in starkem Kontrast steht zur knallbunten, oft neonfarbenen Ausrüstung, die man in der Wirklichkeit oder auf Fotos oft an Wanderern und Bergsteigern sieht. Stanevs Strich wirkt für schroffe Felsformationen passend, für die dargestellten Menschen indes etwas hölzern.
Die Ratschläge, die Iron Tazz ihnen gibt, lassen sich auf den Nenner "Vorsicht ist besser als Nachsicht" bringen. Am schwierigsten wird diese Abwägung beim romantischsten Aspekt des Campings: Die Rede ist natürlich vom Lagerfeuer. Tazz mahnt, ausschließlich totes Holz dafür zu verwenden, das Feuer klein zu halten, keine Spuren zu hinterlassen und sich vor allem erst einmal zu informieren, ob in der Gegend und in der Situation ein Feuer erlaubt sei. Es mangelt also nicht an Einschränkungen, aber zur Wahrheit hätte vielleicht noch gehört, dass diese Einschränkungen aufgrund von Trockenheit inzwischen in sehr vielen Wandergebieten für einen Großteil des Jahres gelten, weil die Waldbrandgefahr immens gestiegen ist. Das ist natürlich eine traurige Nachricht für alle, die schon erlebt haben, was eine Nacht am einsamen, offenen Feuer unter freiem Himmel bedeuten kann - und erst recht für die, die das noch nie erlebt haben, aber gerne würden.
Wie Tazz für das Wandern wirbt, grenzt ans Raunende und Schwärmerische - das ist kein Wunder, liest man über das Buch hinaus doch, dass es ihm offenbar das Leben gerettet hat nach einer als schwer beschriebenen Kindheit. Er habe vor Jahren alles verkauft, was in seinem Besitz war, erzählt Tazz auf seiner Homepage, um sich dann für Monate auf den Pacific Crest Trail von Mexiko nach Kanada zu begeben. Im Buch erfährt man zudem, dass er glaubt, seine Verlobte von sich überzeugt zu haben, indem er ihr Teriyaki-Hühnchen am offenen Feuer zubereitete.
Etwas unklar ist manchmal, ob Tazz in seinem Text junge oder ältere Menschen anspricht. Vielleicht ja beide; wenn er aber erwähnt, dass Wandern helfe, Angst und Stress abzubauen, kommt dem älteren Leser der - vielleicht naive - Gedanke, dass zwar jedes Kind weiß, was Angst ist, Kinder aber am besten Stress noch gar nicht kennen sollten. JAN WIELE
Iron Tazz, Martin Stanev: "Raus in die Natur".
Verlag Prestel Junior, München 2025. 96 S., geb., 24,- Euro. Ab 8 J.
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