Mit dem vorliegenden Werk werden verschiedene Blickwinkel auf die Abtreibungsdebatte beleuchtet und dabei sehr schlüssig miteinander in Beziehung gesetzt. Endlich gibt es damit jetzt auch im deutschsprachigen Raum eine überaus hilfreiche Orientierungs- und Argumentationshilfe, um die einzelnen Positionen zu verstehen und die eigene Position besser vertreten zu können. Obwohl es sich um ein durchaus kompaktes Buch handelt, bietet es eine erstaunlich breite Übersicht der verschiedenen philosophischen Argumente.
Herr Gonser untermauert sein Plädoyer für das uneingeschränkte Lebensrecht ungeborener Menschen mit einer substanzbasierten Sichtweise. Im Gegensatz zu funktionalen Konzepten begründet diese Position ein unverfügbares Lebensrecht von allen Menschen, da dieses Recht hierbei nicht an willkürlich festgelegte und aktuell vorhandene Eigenschaften (z.B. bestimmte kognitive Fähigkeiten) gekoppelt ist. Mit dem an Funktionen gebundenen Lebensrecht wird die natürliche Lebensspanne verengt auf den Zeitabschnitt, den die gesellschaftliche Mehrheit aktuell für schützenswert hält.
Auch wenn man eine eindeutige Haltung gemäß diesem hier von Herrn Gonser vertretenen substanzbasierten und letztlich auch biblischen Menschenbild hat, begegnet einem in Gesprächen mit Andersdenkenden oft eine stark verkürzte und auch widersprüchliche Sicht der vorherrschenden philosophischen Meinungsbilder. Um diese Einstellungen nachvollziehen und diesen begegnen zu können, erläutert Herr Gonser nicht nur die zugrunde liegenden Gedankengänge, sondern erwähnt auch deren politische und soziologische Quellen. Dabei entwickelt der Autor auch zahlreiche Gedankenexperimente zur Verteidigung seines eigenen substanzbasierten Arguments für das Lebensrecht aller Menschen.
Aufgrund des dialektischen Aufbaus könnte dieses Buch insbesondere für Lehrkräfte der Fächer Philosophie und Religion sehr hilfreich sein. Durch das angehängte Glossar ist die Verständlichkeit aber auch für interessierte Laien gewährleistet. Ich empfehle dieses Buch allen Menschen, die sich nicht nur einseitig unter dem Aspekt der Reproduktionsmedizin für Menschenrechte und Menschenwürde interessieren.