Es ist schon erstaunlich, wie ein unscheinbares Buch durch den Namen John Green plötzlich zur Pflichtlektüre wird. Seine Geschichten sind bekannt dafür, dass sie nicht nur bewegen, sondern auch komplexe Themen für ein breites Publikum greifbar machen - und Tuberkolose bildet da keine Ausnahme.
Im Zentrum steht Henry, ein sechzehnjähriger Junge aus Sierra Leone, den Green 2019 in einem Krankenhaus kennenlernt. Henry leidet an Tuberkulose, einer Krankheit, die viele von uns nur aus Geschichtsbüchern kennen. Es ist erschreckend, wie wenig Fortschritt es bei der Behandlung in vielen Teilen der Welt gibt - besonders, wenn man bedenkt, dass die Medikamente existieren, aber für Länder wie Sierra Leone oft unbezahlbar sind.
Das Buch ist mehr als nur Henrys Geschichte. Green verwebt historische Fakten über Tuberkulose, kulturelle Auswirkungen und persönliche Schicksale miteinander. Besonders spannend fand ich die Verbindungen zwischen der Krankheit und Schönheitsidealen wer hätte gedacht, dass unser heutiges Bild von "blassem, schlankem, fiebrigem" Schönheitsideal aus der Zeit der Schwindsucht stammt? Oder wie oft Tuberkulose romantisiert wurde, gerade in der Literatur. Green beleuchtet das alles mit einer Mischung aus Sachlichkeit und persönlichem Engagement, die manchmal anklagend, aber nie belehrend wirkt.
Neben dem geschichtlichen Kontext regt das Buch auch zum Nachdenken über die Gegenwart an: Die Tuberkulose ist längst nicht besiegt, weder in Sierra Leone noch in Europa. Und während Green deutlich macht, wie viel noch zu tun ist - von der Forschung bis zur Verfügbarkeit von Medikamenten - bleibt er ein Erzähler, der das Thema mit Herz und Verstand zugänglich macht.
Was mir besonders gut gefallen hat, ist die Balance zwischen wissenschaftlichem Tiefgang und erzählerischer Leichtigkeit. Das Buch liest sich flüssig, ist fundiert und eröffnet dennoch ständig neue Perspektiven. Die Kritik, dass Green seine Leser manchmal etwas stark emotional einspannt, kann ich nachvollziehen - aber hey, das ist John Green. Genau das macht ihn ja auch aus.
Wer sich für Geschichte, Medizin oder einfach für Geschichten über Menschen interessiert, die uns die Augen öffnen, sollte dieses Buch lesen. Ein großes Lob an John Green für die Art und Weise, wie er ein wichtiges, aber oft übersehenes Thema ins Rampenlicht rückt.