Ich bin schwach für alte Geschichten besonders, wenn sie von spukenden Burgfräuleins, verfluchten Tälern und kauzigen Wassernixen handeln. Als ich Sagenhaft von Julia Schmitz in die Finger bekam, war ich sofort Feuer und Flamme. Schmitz reist quer durch Deutschland und sammelt Mythen, als würde sie Panini-Bilder tauschen nur mit mehr Charme und weniger Klebstoff.
Was mir richtig gut gefallen hat: Die Autorin serviert die Sagen nicht nur wie Omas Sonntagsbraten traditionell und mit viel Soße , sondern würzt sie mit einem modernen Blick und einer Prise Selbstironie. Man merkt, dass sie nicht nur Archivluft geschnuppert, sondern auch selbst die Wanderstiefel geschnürt hat. Besonders schön sind die Stellen, in denen sie ihre eigenen Erlebnisse einfließen lässt da wird's lebendig und man fühlt sich fast, als stünde man selbst neben ihr am Abgrund irgendeiner schaurigen Schlucht.
Natürlich kennt man einige der Geschichten Rattenfänger, Loreley, das übliche Promi-Sagenpersonal eben. Aber Schmitz hat auch echte Geheimtipps dabei: Barbarine? Nie gehört. Jetzt aber auf meiner Wanderliste. Manchmal gerät der Stil ein wenig ins Plauderhafte, fast wie ein Lagerfeuergespräch mit Glühwein gemütlich, aber nicht immer ganz auf den Punkt. Ein bisschen mehr Tiefe an manchen Stellen hätte ich mir gewünscht, statt nur hui, da war mal was Gruseliges.
Trotzdem: Ich hab viel gelernt, oft geschmunzelt und meine Liste kurioser Ausflugsziele um gut ein Dutzend erweitert. Dieses Buch ist wie eine Wanderkarte durchs Sagental man weiß nie, was hinter der nächsten Kurve lauert, aber irgendwie will man trotzdem unbedingt weitergehen.
Vier Sterne, weil es Spaß macht, weil es klug ist und weil mir jetzt jedes Mal beim Wandern ein bisschen unheimlich ist. Danke dafür.