WILD WUCHERN
Katharina Köller
Marie flieht in die Tiroler Alpen dorthin, wo ihre Cousine Johanna seit Jahren zurückgezogen in einer abgelegenen Berghütte lebt. Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann Peter sucht sie Zuflucht an einem Ort, an dem er sie hoffentlich zuletzt vermuten würde. Sie ist überzeugt, dass er nie auf die Idee käme, ausgerechnet bei ihrer absonderlichen Cousine nach ihr zu suchen jener Frau, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. Die letzten Male, als sie zu fliehen versuchte, versteckte sie sich in Italien doch er hatte sie dort immer wieder aufgespürt.
Cousine Johanna ist alles andere als erfreut, als Marie mitten in der Nacht mit einer blutenden Kopfverletzung vor ihrer Tür steht. Ihr gemeinsamer Großvater hatte Marie einst der Hütte verwiesen, und die quirlige, luxusverwöhnte Cousine konnte sie hier oben schon gar nicht gebrauchen.
Katharina Köller zeichnet ein Porträt zweier Frauen, die trotz ihrer Zwillingsmütter unterschiedlicher nicht sein könnten: Johanna still, in sich gekehrt, die Worte schon als Kind nur zögerlich über die Lippen bringend. Und Marie laut, lebenshungrig, der Mittelpunkt jeder Party.
Nach und nach erfahren wir Dinge aus ihrer Kindheit und Gegenwart, die sich am Ende des Buches zu einem großen Ganzen fügen.
Wow, was für ein gewaltiges Debüt! Wer Kitsch oder Sentimentalitäten erwartet, wird hier nicht fündig. Statt klassischer Kapitel erleben wir einen rasanten Gedankenstrom Maries innere Stimme treibt den Text atemlos voran und zieht uns mit in ihren Strudel. Mich hat dieser Stil vollkommen gepackt: poetisch, bildgewaltig, eindringlich, wild wuchernd, kraftvoll und erfrischend anders.
Wer wortgewandte Literatur liebt, der sollte dieses Buch auf keinen Fall verpassen.
5/5