Katharina klickt sich durch Instagram. Sie hasst diese Wifey-Accounts, die Frauen, die ständig schwanger sind und in ihrem Mutterding aufgehen. Sie hasst es deshalb, weil sie eben auch gern schwanger wäre, aber weit und breit keine Aussicht auf einen liebenden Ehemann besteht, denn die sind alle vergeben. Seit dieser unsäglichen Sache ist sie im Homeoffice. Weil ihr die zeitliche Orientierung abhandenkommt, steht sie immer später auf und arbeitet dann bis in den Abend ohne Pause. Sie ist selbstständige Beraterin, arbeitet wenig für sehr viel Geld und hat sich mit Aktienpaketen abgesichert. Darüber hinaus raucht sie zu viel, trinkt zu viel und schläft schlecht. Insgesamt will ihr das mit der Selbstfürsorge nicht gelingen. Bis vor Kurzem konnte sie gut Entscheidungen treffen, aber seit der Operation zweifelt sie oft, weiß einfach nicht mehr, was ihr guttut. Sie hasst diese Menschen, die alles ewig abwiegen und an allem zweifeln und die so langsam leben, dass die Angst sich gelangweilt von ihnen abwendet. S. 124So war auch Schnittlauch, ihr Ex, der wollte immer, dass sie ihm die Verantwortung abnahm, wollte einfach nicht erwachsen werden. Er stand nicht einmal zu ihr, stellte sie niemandem vor. Und sie machte das mit, lächelte ihren Frust einfach weg, bis sie dann auf Teneriffa platzte, in ihrem letzten gemeinsamen Urlaub.Fazit: Kathrin Weßling hat eine Frau Ende dreißig porträtiert. Sie ist gewollt Single, sehnt sich aber nach Körperkontakt und matcht sich durch Dating-Apps. Ihre Freizeit verbringt sie mit Zocken und Fernsehen. Sie ist beruflich erfolgreich und verbirgt damit ihren geringen Selbstwert. Eine Gebärmutterentfernung stürzt sie in die Depression und ihre Ablenkungsmechanismen funktionieren nicht mehr. Auf sich allein geworfen sehnt sie sich nach nichts mehr als nach einem Partner und entwickelt Aversionen gegen Mütter. Es ist die Geschichte einer modernen Frau, die keinen rechten Sinn im Leben findet. Sie weiß nicht, wer sie ist und was sie braucht. Der Zufall spielt ihr eine neue Aufgabe zu, die Veränderung möglich macht. Die Autorin hat eine Menge guter Sätze geschrieben, jung, frech und amüsant. Die Traurigkeit und Frustration der Protagonistin überwiegt allerdings. Ich fand die Schwermut, das Selbstmitleid und die Hysterie (gezeigt durch unzählige Adjektive und Wortwiederholungen) zum Teil anstrengend, ebenfalls die vielen inneren Monologe, im Gegensatz zur geringen Interaktion. Den körperlichen und psychischen Auswirkungen der tragischen Hysterektomie bei einer so jungen Frau hätte ich mehr Aufmerksamkeit gewünscht. Insgesamt ein unterhaltsamer Roman, der hauptsächlich das Innenleben der Protagonistin umkreist.