Inhalt:
Konrad Jarausch hat mit seinem Buch Zerissene Leben eine einzigartige Betrachtung und Darstellung des gesamten 20. Jahrhunderts geschaffen. Alle wichtigen Ereignisse werden chronologisch aufgerollt und aus vielen Blickwinkeln beleuchtet. Das Spannendste ist, dass Jarausch den einfachen Bürgern dieses Jahrhunderts eine Stimme verleiht, die noch immer in mir nachhallt. Denn er schafft dadurch in diesem Buch die Basis für eine gemeinsame Beobachtung und Ergründung des 20. Jahrhunderts in all seinen Facetten.
Von der Weimarer Republik über den Krieg, die Nachkriegszeit, die deutsche Teilung, dem Mauerbau bis hin zur Wiedervereinigung. All diese Themen begegnen uns in diesem Werk und mit ihnen viele Zeitzeugen und deren Berichte mitten aus einem Leben, welches viel ertragen musste, um wirklich gelebt zu werden.
Zum Autor:
Konrad Jarausch ist Professor europäischer Zivilisation an der University of Carolina. Ein zentraler Forschungskern seinerseits ist das 20. Jahrhundert, was auch Anreiz für dieses Werk war.
Doch er ist nicht nur Historiker, er ist auch Autor. Und mit diesem Buch beweist er, dass er ein wirklich guter Schriftsteller ist.
Er schreibt eingänglich, sachlich und geschickt. Er webt eine angenehme Ruhe in die Sätze und Abschnitte ein, sodass er das Hauptaugenmerk wirklich auf die Inhalte legt. Und gleichzeitig schafft er es, dass es während des Lesens nicht langweilig oder trocken ist.
Er strickt die Zeitzeugenberichte nahtlos in den Text ein und lässt so eine Erzählung entstehen, an deren Worten man regelrecht hängt. So ist Zerissene Leben wohl ein Sachbuch, doch keines, durch welches man sich zwingen muss.
Nachdem ich den Autor auf der Buchvorstellung zu Zerissene Leben in Berlin treffen und erleben durfte, kann ich wirklich sagen, dass jedes Wort in diesem Werk gut durchdacht und wohl gewählt ist. Ihn selbst berühren die Schicksale dieser Menschen und er wollte ihnen eine gemeinsame Stimme verleihen. Das hat er in meinen Augen wirklich gut umgesetzt!
Zum Werk:
Dieses Buch ist eines der außergewöhnlichsten Bücher des Jahres für mich. Nicht nur, weil es eine enorme Leistung ist, ein solches Zeichnis eines gesamten Jahrhunderts darzustellen, sondern vor allem weil ich eines in jedem Zeitzeugenbericht erkennen konnte: Menschlichkeit.
Durch die Zeitzeugen begeben wir uns auf ganz andere Betrachtungsebenen und sehen das 20. Jahrhundert durch viele verschiedene Augen und Erinnerungen, die es für mich viel greifbarer machen.
Es ist ein Buch, welches geschrieben wurde, um die Ereignisse und die Menschen einerseits nicht zu vergessen, und andererseits, um vielleicht zu verstehen, warum die Dinge so kamen, wie sie letztlich kamen. Diese gewaltige Geschichte aus der Sicht der normalen Bürger zu erleben macht es lebendig. Und vor allem schafft es ein Verständnis!
Jarausch wollte eine kollektive Biografie erschaffen und dies hat er tatsächlich geschafft! Ein kollektives Bewusstsein, das die Geschichte greifbar macht und uns verstehen lässt, dass in gewissen Momenten Entscheidungen getroffen werden, aus vielfältigsten Gründen heraus, die Folgen für so viele haben können. Das Besondere ist, dass ich nicht nur Rückschlüsse für das zwanzigste, sondern auch für das einundzwanzigste Jahrhundert ziehen konnte.
Empfehlung:
Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der einen außergewöhnlichen Gesamtblick auf das 20. Jahrhundert werfen möchte. Man muss kein Historiker sein, um Jarauschs Worten folgen zu können. Eine riesige Leseempfehlung von mir!