GELESEN: Patricia Clough In langer Reihe über das Haff (Die Flucht der Trakehner aus Ostpreußen)
Erschienen 2004 bei Deutsche Verlags-Anstalt München
217 Seiten mit Bildtafeln
Es gibt keinen sogenannten ersten Trakehner, da die Zucht mit rund 1000 Pferden begann, als das Königliche Hauptgestüt 1732 gegründet wurde. Der Ursprung des Trakehners liegt in der systematischen Zucht ostpreußischer Pferde zu eleganten und ausdauernden Militär- und Kutschpferden, die ab 1732 unter der Leitung von Friedrich Wilhelm I. stattfand und mit Arabern und Englischen Vollblütern veredelt wurde.
Der alte Schwarzweiß-Film Nacht fiel über Gotenhafen, die Erzählungen von Marion Gräfin Dönhoff sowie Berichte zweier Menschen, die selbst erlebt und wiederum erzählt bekamen, wie es war, als die Rote Armee vor Ostpreußen stand, haben mich auf diesen Teil des Krieges lange schon neugierig gemacht.
So stieß ich auf Der lange Ritt über das Haff von Patricia Clough, die überaus anschaulich, gleich einem Roman, gemischt mit einem Sachbuch, teilweise fast einem Krimi, über Pferdezucht und ihre Züchter schreibt.
Trakehnen (für mich tatsächlich ein Zauberwort) wird beschrieben, als habe man dort gelebt. Mit welchem Aufwand, mit welcher Empathie dort für die Pferde gelebt wurde, ist unbeschreiblich. Vermutlich war Trakehnen das weltweit größte Gestüt überhaupt. Beschäler, oder auch Deckhengste genannt, führten ein fürstliches Leben, besser als die Stuten, da diese nur einmal jährlich ein Fohlen werfen konnten. Die Hengste hingegen unzählige Nachkommen zeugen konnten.
Tempelhüter war ein Star. Seine Eltern Perfectionist und Teichrose, deren Skelette auf Trakehnen ausgestellt waren, galten als Ahnen.
Nachkommen von Tempelhüter waren unter anderem Pythagoras, Dampfross, Hyperion, Fetysz und Pilger. Rappen, Braune, Füchse, Schimmel und gemischte Farben wurden in 5 Herden unterteilt.
Parallel erfahren wir über die Naziherrschaft, insbesondere um die des für Ostpreußen zuständigen Gauleiters Erich Koch, einen Teufel in Menschengestalt, der, wie er behauptete, gegen Hitler und Göring etwas in Händen hätte, was ihnen zum Nachteil erwachsen könnte. Mit dieser Erpressung erlaubte er sich alles, und man ließ ihn schalten und walten. Zuletzt wurde er an Polen ausgeliefert, und die verhängte Todesstrafe in eine Haft umgewandelt.
Einzelne Personen werden namentlich aufgeführt und ihre Schicksale beleuchtet. Die Flucht, die ihnen lange verwehrt wurde
war nervenaufreibend. Viele Menschen sowie wertvolle Pferde verloren ihr Leben. Eine Zucht, wie einst auf Trakehnen, konnte nie mehr aufgebaut werden. Trotzdem ist es gelungen, viele Tiere, die in verschiedenen Trecks unterwegs waren, zu retten. Heute ist es so, dass auf der ganzen Welt von Kanada bis in die USA von Sibirien bis Brasilien gezüchtet wird.
Dieses Buch hat mich fasziniert, begeistert, erstaunt, ebenso wütend und traurig gemacht.