"You were capable of imagining a different future. And maybe it won't be realized today, maybe not in our lifetime. Maybe it will take generations. We're all part of a continuum. Does that make it pointless?¿Hachja, endlich wieder ins Panem Universum zurückkehren, was gibt es besseres? Mit Haymitchs Geschichte, der die 50. Hungerspiele gewinnt, macht Collins kein neues Fass auf. Es war bekannt, dass er gewinnt, die Arena dafür nutzt und deshalb Snow seine Familie und seine Geliebte töten lässt. Doch wie schlimm und traumatisch das Ganze eigentlich ist und welche Folgen es hat, hätte ich nie gedacht!Es ist auch bekannt, dass Collins nur Bücher schreibt, wenn sie etwas zu sagen hat. Und hier hat sie jede Menge zum Thema Propaganda zu sagen. Die Zitate zur KI und von Orwell zu Beginn, die Arena in Form eines Auges, wie fake und zurechtgemacht Videoaufnahmen und Poster sind, wie austauschbar und manipulierbar Menschen sind. Haymitchs Geschichte verkörpert so viel mehr als die reine Darstellung seines Gewinns in den Hungerspielen. Und deswegen gehört dieser Band einfach zum Universum dazu und ist kein "Ich schreibe noch ein Buch zu einem gut verdienenden Fandom, um mehr Geld zu erhalten"-Buch.In "Der Tag bricht an" werden viele Parallelen zur Hauptreihe sowie zu "Das Lied von Vogel und Schlange" gezogen, die für mich einfach absolut logisch sind und die ganze Handlung rund machen. Wir erfahren, wer Katniss' Eltern eigentlich waren, es gibt Details zur Spotttöpelbrosche und bekannten Liedern, und treffen min. vier geliebte Charaktere wieder. Ich hatte damit wirklich nicht gerechnet und habe mich so gefreut, als offenbart wurde, wer u.a. Haymitchs Mentoren sind. Genau dieser Punkt macht dieses Buch aber auch hoch emotional (auch wenn ich leider nicht weinen musste) - wir wissen, welches Schicksal jeden Charakter erwartet. Und sie hier noch mental fit und "lebensfroh" zu sehen, war wirklich schlimm. Insbesondere ja auch Haymitch, den wir eigentlich nur als Säufer kennen. Hier seine Jugend, seinen Kampfgeist, seine erste und einzige Liebe zu spüren - da kickt das foreshadowing nochmal anders. Sämtliche seiner Handlungen machen nun so viel mehr Sinn!Noch schlimmer war die Darstellung der anderen Tribute. Collins hatte diesmal wirklich keinerlei Skrupel, uns genau vor Augen zu halten, wie skrupellos genau so die Arena, das Kapitol und vor allem Snow als Strippenzieher ist. Dieses Buch beschönt wirklich gar nichts, die Grausamkeit wird fast neutral erzählt, was ihre Brutalität noch besser zum Ausdruck bringt. Ich denke, diese Szene "A cannon fires. Somewhere, Beetee's heart breaks into fragments so small it can never be repaired."verfolgt mich immer noch. Und dann ist da noch Louella / Lou Lou. Ich will gar nicht zu viel spoilern, aber das war definitiv einer der Top 3 grausamster Inszenierungen. Der Film wird uns wohl alle brechen.Welche Figur das Buch auch absolut getragen hat, ist Haymitchs Mittributin Maysilee. Sie hat mich stark an Katniss erinnert (was auch gewollt ist, wenn man die Hintergründe kennt) und ich hätte nicht gedacht, dass sie mir so ans Herz wächst. Man wusste, dass sie sterben würde, und trotzdem tat es weh.Was ich auch unglaublich spannend fand, war die gesamte Darstellung rund um "das Gesicht der Rebellion" (wie Katniss in Catching Fire genannt wird). Es verdeutlicht, dass Katniss nicht "spontan" die Rebellion entfacht hat und auch nicht das erste "Gesicht" war. Die ganzen Strippen im Hintergrund wurden schon Jahrzehnte vorher gezogen (aka Haymitchs Hungerspiele) und es wurde auf die passende Person gewartet."She's not an easy person; she's like me, Peeta always says. But she was smarter than me, or luckier. She's the one who finally kept that sun from rising.¿Ein paar Kleinigkeiten, die mich gestört haben: Einmal das Cover und der Titel, im Vergleich zum Original. Ich verstehe, dass man sich mit dem Design an den Vorgängerband anpassen wollte, aber warum ist man überhaupt in erster Linie vom Original abgewichen? Das Original zeigt Haymitchs Anhänger, der nicht nur eine zentrale Rolle spielt, sondern auch Bezug zum Vorgängerband nimmt. Für mich viel bedeutender als ein römisches "L" für die 50. Hungerspiele. Und der Titel: "Der Tag bricht an". Ich hätte damit echt nichts anfangen und auch den Kontext nicht verstehen können, wenn ich das Original nicht wüsste "Sunrise on the reaping" (siehe Zitat oben). Es gibt am Anfang eine deutliche Passage zwischen Haymitchs Geburtstag, am Tag der Ernte, und dass da die Sonne aufgeht. Die Botschaft dahinter, zuerst psychologischer Natur, dann von zentraler Bedeutung, wird mir im Deutschen nicht deutlich genug vermittelt.Und dann, vielleicht offenbare ich hiermit jetzt auch meine Kapitolherkunft, waren mir die Hungerspiele an sich irgendwie zu gerafft. Wie gesagt, ich weiß, das kann nur aus dem Kapitol kommen. Aber mir hat irgendwie der survival-Aspekt gefehlt, der mich in Hunger Games so gefesselt hat. Haymitch hatte alles da, hat zur Genüge Sponsorengeschenke bekommen, hat im Verhältnis recht gut gegessen, getrunken, geschlafen. Andererseits wirkten dadurch die Tode der anderen Tribute umso schlimmer. Ich kann es nicht genau benennen - beschwere ich mich, dass Haymitch es zu gut in den Hungerspielen hatte?? - aber die Sogwirkung der Hauptreihe hat mir, wie auch schon im Vorgängerband, gefehlt.So "gut", wie Haymitch es in den Hungerspielen hatte, so brutal war es dann zu Hause. Und Snow hat sich im Hintergrund eins abgelacht. Die Szene mit Katniss und Peeta und den giftigen Beeren kickt nochmal anders, wenn man die Szene mit Haymitch, Lenore und den Gummibärchen kennt. Suzanne Collins lässt auch wirklich nichts aus!Was mich wirklich eiskalt überrascht hat, weil man es eben noch nicht grob kannte, war der Epilog. Himmel, war der gut, eine kleine Umarmung nach all dem Leid aus dem Buch. Ich will nicht zu viel verraten, aber wir treffen "alte Freunde" wieder und die Hauptreihe wird ein klitzekleinesbisschen fortgeführt."Der Tag bricht an" erhält von mir 4/5 Sterne und ich kann die Verfilmung jetzt schon kaum erwarten!