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Produktbild: Gym | Verena Keßler
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Clever, witzig und wild: mit ihrem neuen Roman erobert Verena Keßler das Fitnessstudio literarisch und »pusht ihre Hauptfigur bis ans Limit. « (Jessica Lind)

Glänzende Spiegel, definierte Körper, legere Flirts am Tresen. Die Protagonistin in Verena Keßlers knalligem Roman liebt ihren neuen Job im MEGA GYM. Es gibt keinen Leistungsdruck, keine Überstunden, dafür liebenswerte Kolleginnen und einen Chef, der stolzer Feminist ist. Alles perfekt, wäre da nicht die klitzekleine Lüge, zu der sie sich im Einstellungsgespräch hat hinreißen lassen. Sie habe kürzlich erst entbunden, hat sie behauptet, und jetzt wollen alle Babyfotos sehen und fragen ständig nach dem Kleinen . Doch erst, als Bodybuilderin Vick auftaucht, wird klar, dass ein erfundenes Kind nicht das einzige Geheimnis dieser verschwiegenen Erzählerin ist. Eine Geschichte über Obsession, Ehrgeiz und die selbstzerstörerische Kehrseite schöner Oberflächen.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
19. August 2025
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
192
Autor/Autorin
Verena Keßler
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Gewicht
312 g
Größe (L/B/H)
206/129/22 mm
ISBN
9783446281639

Portrait

Verena Keßler

Verena Keßler, geboren 1988 in Hamburg, lebt in Leipzig, wo sie am Deutschen Literaturinstitut studierte. Ihr Debütroman Die Gespenster von Demmin wurde für zahlreiche Preise nominiert und mit dem Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendium ausgezeichnet. Zuletzt erschien von ihr bei Hanser Berlin der Roman Eva, für den sie den Literaturpreis Der zweite Roman erhielt.

Pressestimmen

»Ein auf erfreuliche Weise biestiges Buch. . . Keßler steigert ihre Erzählung in eine oft kurios vergnügte Groteske, die Elemente einer düsteren Komödie trägt, einer ironisch zertrümmerten Seifenoper und des Bodyhorrors. Sie beweist ein feines Gespür für Tempo, für Brüche und Cliffhanger. « David Hugendick, Die Zeit, 11. 9. 25

»Maximal unterhaltsam . Dieses Buch geht rein wie eine gute Techno-Spinning-Class: rasant, verschwitzt, auf 192 Seiten keine Sekunde zu lang. « Thore Rausch, Süddeutsche Zeitung, 22. 08. 25

» Gym ist ein Text über Leistung, Selbstgeißelung und Schönheit Trotz der unzuverlässigen Erzählerin liest der Roman sich leicht. Grund dafür ist Keßlers Humor . . . Der zackige Text ist voll von Pointen und Wortneuschöpfungen, voller Wut und Egoismus. . . . Gern säße man noch ein paar Kapitel länger mit dieser tief verstörten, wortgewandten Erzählerin in der Kabine. « Susanne Romanowski, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 24. 08. 25

»Mit klarer Sprache und viel Witz nimmt sie die Leser:innen mit auf die Hantelbank. . . Gym ist ein kurzweiliger Roman über Obsession, Lügen und weibliche Konkurrenz, der immer absurder wird bis er eskaliert. « Emma Rotermund, Missy Magazine, 05/2025

»Der Roman balanciert pointiert zwischen schwarzem Humor, gesellschaftlicher Analyse und bitterer Wahrheit. Ein kluge, bissig-sarkastischen Buch über Köpernoremen, Zugehörigkeit und Menschsein im Kapitalismus. Marah Reikli, Annabelle, 5. 9. 25

»Im Gym hat das testosterongesteuerte Heldentum noch ein letztes Refugium. Dass diese Einrichtung mit ihren Stereotypen, Riten und theatralen Gebärden bislang kaum Eingang in die Literatur gefunden hat, ist mehr als überraschend. Äußerst erfreulich ist daher, dass sich nun Verena Keßler dieses Soziotops angenommen hat. « Björn Hayer, Der Freitag, 28. 08. 25

»Keßler legt nahe, dass unsere in Beruf wie Freizeit auf Konkurrenz ausgelegte Gesellschaft Persönlichkeitsstörungen eher befördert oder jedenfalls deren (Selbst-)Erkenntnis verhindert. Das Gym ist ein symbolischer Ort, an dem die Orientierung an äußeren, von ästhetischen Idealen längst abgekoppelten Standards. . . zum Ventil potentiell krankhaften Ehrgeizes wird, ebenso wie die Karriere in der durchquantifizierten Arbeitswelt. « Richard Kämmerlings, Welt am Sonntag, 17. 08. 25

»Mit viel Humor, Sarkasmus, aber ebenso Tiefgründigkeit beschreibt Verena Keßler den Weg einer Frau, die ihr bisheriges Leben mit einem Job in Führungsposition, Freund und schöner gemeinsamer Wohnung hinter sich gelassen hat, um in einem Fitnessstudio als Thekenkraft zu arbeiten und in ein neues, gestähltes Ich zu schlüpfen. Verena Keßler wirft anhand verschiedener Figuren gekonnt gesellschaftlich relevante Fragen auf, die bis heute nicht ganz geklärt scheinen. Eine gehaltvolle, wichtige Lektüre! « Antonia Barboric, Presse am Sonntag, 5. 10. 25

»Ein irrer und harter Roman Man wird gut unterhalten, während es doch um ernste Themen geht: Körperoptimierung, Perfektion, Konkurrenzkampf. Sich immer zu vergleichen und die Beste sein zu wollen, das ständige Arbeiten am Körper. « Zita Bereuter, ORF, FM4, 7. 10. 25

»Der Roman präsentiert eine sorgfältig gebaute und ziemlich abgründige Geschichte . Verena Keßler erzählt zügig und klar, charakterisiert Personen in knappen Szenen und kurzen Dialogen, setzt im Vorbeigehen Pointen Hier kann eine schreiben jedenfalls sitzt jedes Wort, und es ist eine Freude, das zu lesen. Es ist immer noch äußerst erfreulich, wenn eine Autorin so nah dran ist an ihrer Zeit und so gut, dass sie die Gegenwart, ihre Normen, ihre Sprache, ihren Irrsinn scheinbar mühelos vorführen kann. « Sabine Rohlf, Berliner Zeitung, 23. 08. 25

»Ein wildes Trainingstagebuch hyperbolische Situationskomik, muskelsaure Satire und Momfluencer-Gags« Jan Drees, Deutschlandfunk, 22. 08. 25

»Spaß hat man beim Lesen, es ist aber auch ein kritischer Roman, der Tendenzen der Gegenwart in den Bereichen Selbstoptimierung und Leistungsdenken hinterfragt. Und da wird der Roman auch ein bisschen düster. . . . Erzählerisch und sprachlich ganz toll umgesetzt, durch Humor, durch sprachliche Präzision. Es ist psychologisch sehr überzeugend erzählt, wie sich diese Figur hineinsteigert in ihren Wahn. « Katharina Herrmann, Deutschlandfunk Kultur, 01. 09. 25

»In der Erzählung steckt einiges an Zeitdiagnose. Ein Millennial-Roman durch und durch. . . Verena Keßler verhandelt amüsant Leistungsdruck, Kontrolle, Körperbilder und Soziale Medien. « Nina Wolf, SWR lesenswert, 16. 08. 25

»Wie temporeich und pointiert die Leipziger Autorin das Doppelleben . . . beschreibt, ist herausragend und zunächst noch urkomisch. . . . Es ist mindestens so grotesk, wie es Keßler skizziert. « Felix Eisenreich, Kulturnews, 7. 9. 25

» Gym ist eine immersive Erfahrung, ein Fest für alle Sinne: Wir hören die reißenden Muskelfasern und spüren die schmerzenden Glieder, wir riechen den Schweiß und schmecken rohes Fleisch. Das ist mitunter brutal und unappetitlich, aber vor allem, weil wir es aus weiblicher Perspektive lesen gleichermaßen wohltuend und erfrischend. . . . Feministischer Bodyhorror, der einen Mordsspaß macht. Das wahre Körpergrauen steckt für Verena Keßler ohnehin in unserer magersüchtigen Realität, in der Hunger hip und skinny chic ist. « Alexandra Friedrich, NDR Kultur, 01. 09. 25

»Schonungslos hält Keßler allen, die Ehrgeiz, Verbissenheit und Perfektionsdruck kennen, den Spiegel vor und treibt ihre Protagonistin in einen Wahn, aus dem es kein Entkommen gibt #unhingedwomen at its best. « Linn Könnecke, Emotion, 02. 09. 25

»Nicht zufällig wechselt der Tonfall von witzig auf wahnwitzig und zeigt Keßlers Talent für hervorragend konstruierte, literarische Irreführung mit schonungsloser Gesellschaftskritik. « Katharina Sachs, Buchkultur 04/2025

»Der Roman macht unglaublich Spaß zu lesen. Er ist schnell, smart, schlau geschrieben. Aber er ist auch psychologisch intelligent. « Meike Stein, Papierstau-Podcast, 27. 8. 25

»Ich bin echt beeindruckt von dem Buch! . . . Es macht so viel Spaß auf so vielen Ebenen. « Robin Schneevogt, Papierstau-Podcast, 27. 8. 25

»Starke Frauenfiguren prägen diesen kurzweiligen Roman und treiben ihn voran. Gym ist allerbeste Unterhaltung und bedient sich gängiger Themen und Klischees, die dem Fitness- und Optimierungs-Kosmos innewohnen, ohne dabei platt zu wirken. « Norbert Windeck, Aachener Zeitung, 16. 08. 25

»Aus erzählerischer Präzision entfaltet sich eine ganz hintergründige Komik, die pointiert eine Gesellschaft zwischen Optimierungswahn und Körper-Beherrschung beschreibt. « Janina Fleischer, Leipziger Volkszeitung, 16. 08. 25

»Humorvoll und entlarvend. « Lena Langecker, Myself, 12. 08. 25

»Keßlers Roman überzeugt durch stimmige Milieuzeichnung und Kurzweiligkeit. . . . Dazu kommt eine scheinbar einfache, aber pointierte, humorvolle, keineswegs kunstlose Sprache. Unter der satirisch-heiteren Oberfläche bleiben ernste Fragen nach den Tücken und Irrwegen menschlicher Selbstoptimierung erknnbar. « Christian Schacherrreiter, Oberösterreichische Nachrichten, 23. 8. 25

»Hart, aber faszinierend. « Claudia Hubmann, Maxima, 28. 08. 25

Besprechung vom 24.08.2025

Bauch, Beine, Buch

In Verena Keßlers neuem Roman "Gym" wird gestemmt, geschwitzt und gespritzt. Gesund ist das nicht, macht aber großen Spaß.

Von Susanne Romanowski

Sie hat keinen Namen. Sie braucht ihn nicht. Denn das "Mega Gym" ist ein Ort der Verwandlung, an dem nichts bleiben muss, wie es ist. Dort wird aus Fett Muskelgewebe, aus Ambition Obsession. Zumindest für die sogenannten High-Performer. Oder man liest Zeitung auf der Hantelbank und schmort dann in der Sauna wie die Rentner. Die Protagonistin in Verena Keßlers neuem Roman hat von ihrer Theke aus alle im Blick. Dort mischt sie "Muscle Hustles" oder "Sixpacks on the Beach". Das sind Proteindrinks, die mit frischem Obst und Gemüse nur noch leicht nach Kreide schmecken. Wer das eklig findet, kann das Buch gleich beiseitelegen, denn hier gilt: Wer fit sein will, muss Kohlenhydrate meiden. Notfalls mit püriertem Huhn.

"Gym" ist ein Text über Leistung, Selbstgeißelung und Schönheit. Fast unmöglich, dieses dünne Buch aufzuschlagen und nicht an den Sommerhit "Bauch Beine Po" von Shirin David zu denken. Darin geben Frauen nach einem Iced Matcha Latte alles: "Willst du den Body, dann musst du pushen (...) Geh ins Gymmie, werde skinny, mach daraus eine Show". Die Kritik war laut. Der Text befeuere Schlankheitswahn bei Mädchen und stelle Frauen als materialistische Trottel dar. Und tatsächlich kann man sich Shirin David gut im "Mega Gym" vorstellen. Auf dem Klo stehen Duftkerzen, es läuft Musik von weiblichen Stars. Auch die Mitarbeiterinnen passen ins Klischee. Swetlana träumt vom Influencer-Ruhm, in den Leggings ist ihr Hintern ein "gigantischer Pfirsich". Tresenkollegin Milli ist so naiv, dass die Hauptfigur sie fast Mäuschen nennen will - doch sie ist "niemand, der Mäuschen sagt".

Sie, das ist eine Frau Mitte dreißig. Nonchalant erwähnt sie eine Bewährungshelferin. Was passiert ist, wie schlimm es wirklich war, das verrät sie erst ganz am Ende. Zuerst muss ein neuer Job her, einfach, stabil. Der Tresen in Ferhats Gym soll es sein, der ganze Raum ein "Palast aus spiegelnden Oberflächen". Doch der Chef druckst herum, dass sein Team "Wellness, Gesundheit und all das auch selbst ausstrahlen" müsste, ob sie wüsste, wie er meinte. Sie weiß um ihre unsportliche Form. Sie lügt: "Ich habe gerade erst entbunden." Sofort stellt Ferhat die angebliche Mutter ein, er sei schließlich Feminist. Eine Lüge, ein ulkiger Chef, zwei dusselige Kolleginnen und die verschrobene Neue. Keßler präsentiert ein Satirerezept, das simpler daherkommt als die Nachmittagssoaps, die über die Fernseher des Studios flimmern.

Doch wer die Romane der 36-Jährigen kennt, weiß: So einfach wird es nicht. Keßlers Debüt "Die Gespenster von Demmin" war für den Deutschen Buchpreis nominiert. Dort geht es um Aufwachsen in einer mecklenburgischen Kleinstadt, in der sich im Frühling 1945 ein Massensuizid ereignete. Mit Feingefühl und dunklem Humor schuf die Autorin darin eine der umwerfendsten jugendlichen Figuren der letzten Jahre. In "Eva" thematisierte sie das Für und Wider der Mutterschaft. Was nach Thesenroman klingt, wurde durch präzise Beobachtungen und verschiedene Perspektiven lebendig. Beide Romane leben von Figuren, die trotz und wegen ihrer Makel Sympathien wecken. "Gym" ist anders.

Das Buch ist eingeteilt in drei Sätze, die übliche Struktur für Kraftübungen mit festgelegten Wiederholungen. Wie beim Sport gilt auch bei diesem Buch: Es wird mit jeder Bewegung härter. Ob die Protagonistin dabei Trainingspartnerin oder Rivalin ihrer Leser wird, bleibt unklar. Obwohl die Geschichte nur aus ihrer Sicht erzählt wird, entzieht sie sich permanent. Sie verdrängt, schwindelt, dreht glaubhaft durch.

Dabei beginnt alles harmlos. Sie trainiert gegen ihren "Erdnussflipbauch" an, lernt poetisch anmutenden Fachjargon: "Hip Thrusts, Split Squats, Deadlifts, Kickbacks, Step ups". Sie folgt Ferhats Trainingsplan, nur die Beckenbodenübungen lässt sie weg. Sie scrollt sich durch Fitnesstipps, durch die Instagram-Profile ihrer Kolleginnen. Sie lebt von Proteinen und Komplimenten für ihren Körper, nicht schlecht, so als frischgebackene Mutter! Sie lügt mühelos, man könnte meinen, sie fühle sich wohl. Doch in jedem ihrer Blicke steckt Herablassung. Denn sie ist anderes gewohnt. Da sind die Schlaglichter auf den früheren Job: der Blick über die Stadt aus dem Büroturm, Nächte über Tastaturen. Intrigen und Ellbogenmentalität auf dem Weg nach oben.

Ein Gegensatz drängt sich auf: Da das ungesunde Leben mit gekrümmtem Rücken über dem Schreibtisch, hier die gesunde Seele im gesunden Leib. Doch die Hauptfigur schafft es, sich in beiden Welten zu schinden. Alles, was weich und nachgiebig ist, lehnt sie ab. Spätestens als die muskelbepackte Vick das Studio betritt, hat sie sich festgebissen. Sie stemmt pausenlos, lässt Käse in ihrem Spind vergammeln, schlürft Eier roh - mit Matcha Latte hat das nichts mehr zu tun. Wer mehr trainiert, wird überboten. Wer weniger trainiert, ist ein "Nullgesicht". So nennt sie die Frauen im After-Baby-Kurs. Keßler zeigt anhand ihrer Hauptfigur einen körperlichen und geistigen Verfall in Nahaufnahme. Mehr noch, den Verfall einer Frau in ekelerregenden Details. Die sich dazu noch vornehmlich gegen andere Frauen wendet.

Dabei schmeichelt der Text Männern nicht. Den feinfühligen Ferhat kann die Erzählerin kaum respektieren. An ihren früheren Chef Thomas denkt sie ungern. Und ihr Expartner wird mit dem wunderbar resignierten Satz zitiert, ob sie sich "grundsätzlich vorstellen könnte, mal wieder mit ihm zu schlafen". Trotzdem sind es die Frauen, die sie primär anstacheln. Die Mutter, die ihr Anerkennung verwehrt. Die viel zu ambitionierte junge Kollegin in der Firma. Milli mit ihren Kulleraugen. Vick, dieser Berg von Frau. Echte Zwischenmenschlichkeit findet nicht statt. So brutal liest man das selten in der deutschen Gegenwartsliteratur.

Eher erinnert "Gym" an das Kino. An "The Substance", den Horrorfilm, in dem ein TV-Star sich im Jugendwahn zum Monster spritzt. Oder an "Love Lies Bleeding", den lesbischen Bodybuilder-Thriller, in dem Steroide Körper knechten. Sogar an den durchoptimierten Serienkiller aus "American Psycho", der zwischen Wahn und Realität nicht mehr unterscheiden kann. In allen Filmen fließt das Blut in Strömen, entwickelt die Drastik eine gewisse Slapstick-Qualität. In allen Filmen arbeiten sich die Hauptfiguren an ihrer Schönheit ab und streben doch nach mehr: Anerkennung und Exzellenz. So ist es auch in "Gym".

Statt Ästhetik sucht die Hauptfigur Schutz, verpanzert sich. Erinnerungssplitter suggerieren, wovor. Doch Keßler gelingt es, diese nicht als klare Auslöser für das Verhalten der Frau darzustellen. Trotz seiner Gewaltdarstellung, trotz der unzuverlässigen Erzählerin liest der Roman sich leicht. Grund dafür ist Keßlers Humor, der den Horror überraschend gut ergänzt. So gemein die Hauptfigur ist, so originell sieht sie die Welt: Sie ärgert sich über die "Milchbrötchenhaftigkeit" von Gym-Gästen, über ihren eigenen "U-Bahn-Körper". Der zackige Text ist voll von Pointen und Wortneuschöpfungen, voller Wut und Egoismus.

Genau das ist eine kaum zu behebende Schwachstelle des Romans. Durch die meinungsstarke Erzählperspektive werden Nebenfiguren zu Stichwortgebern: Ferhat, der performative Softie, Swetlana, die Influencerbraut, Seyda, die coole Supermama. Hinter all diesen Pappkameraden müssen auch Persönlichkeiten stecken, mit Träumen und Ambivalenzen. Bloß interessieren sie die Protagonistin nicht. Sie muss ihre Proteinzufuhr erhöhen, die Gewichte erhöhen, Empathie passt nicht zu ihr. So bleiben abweichende Perspektiven begrenzt.

Erst im dritten Satz wechselt die Handlung den Schauplatz, nur wenige Seiten später endet der Roman. Gern säße man noch ein paar Kapitel länger mit dieser tief verstörten, wortgewandten Erzählerin in der Kabine. Denn das Nähe-Distanz-Spiel der Erzählerin ist einnehmend, bis zum Schluss will man mehr über sie erfahren. Sichergehen, ob da nicht doch etwas ist jenseits von Kalkül und Konkurrenz. Doch irgendwann flackern die Neonröhren ein letztes Mal, spät am Abend schließt das Gym.

Verena Keßler: "Gym". Roman. Hanser, 192 Seiten

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

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Von auserlesenes am 05.10.2025

Pumpen, pushen, posen

Sie braucht den Job im Mega Gym dringend, will es ihrer Bewährungshelferin beweisen. Und lügt nicht jeder einmal im Vorstellungsgespräch? Um ihren Erdnussflipbauch und ihr unsportliches Aussehen zu rechtfertigen, behauptet sie gegenüber Ferhat, dem Betreiber des Fitnessstudios, dass sie erst vor Kurzem entbunden habe. Doch nicht nur das wird ihr zum Verhängnis Gym ist ein Roman von Verena Keßler. Der Roman ist stark strukturiert: Er besteht aus drei Teilen, die jeweils mit einem Prolog eingeleitet werden und insgesamt fast 40 Kapitel umfassen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht der namenlosen Protagonistin. Die Sprache ist ungekünstelt, bisweilen reduziert, aber anschaulich, atmosphärisch, bildstark und keineswegs platt. Die flotten, umgangssprachlichen Dialoge wirken authentisch. Die Protagonistin wird interessant und mit psychologischer Tiefe dargestellt. Dass sie ihre Fehler und Schwächen hat und wahrlich nicht perfekt ist, wird bereits auf den ersten Seiten ersichtlich. Dennoch oder gerade deswegen ist sie für mich ein reizvoller Charakter. Der Roman vereint viele Themen. Es geht einerseits um Mutterschaft, Misogynie und andere feministische Aspekte. Andererseits übt die Geschichte Kritik am Selbstoptimierungswahn, Leistungsdruck, ungesunden Obsessionen, den Auswüchsen und Absurditäten des Fitnesskults, der permanenten Selbstdarstellung, Scheinwelten, der zelebrierten Oberflächlichkeit und ähnlichen Problemen. Das macht den Roman sehr facettenreich. Auf weniger als 200 Seiten ist die Geschichte nicht nur inhaltlich vielseitig und dicht, sondern auch unterhaltsam. Zudem konnte sie mich mit einer unerwarteten Wendung überraschen. Das ungewöhnliche Covermotiv weckt Aufmerksamkeit und passt hervorragend zum Inhalt. Auch der knappe, prägnante Titel sticht hervor und harmoniert mit der Geschichte. Mein Fazit: Nach Eva ist Verena Keßler erneut ein wichtiger, erhellender und kurzweiliger Roman gelungen, den ich gerne weiterempfehlen kann. Mit Gym hat sie einen ungewöhnlichen und in mehrfacher Hinsicht überzeugenden Text geschaffen. Ein Lesehighlight im Sommer 2025!
Von Turbulenzen.und.so am 04.10.2025

Eine Gratwanderung zwischen Genialität und Ekel

Ich gebe es zu, ich war eine dieser typischen Fitness-Studio-Karteileichen. Die Beiträge wurden regelmäßig bezahlt, aber spätestens nach drei Monaten, sah man mich im Studio eher kaum noch. Nach dem ersten Drittel dieses Buches wollte ich sofort los und mich wieder anmelden und ich checkte gleich mal wieder vegane Proteinquellen. Die namenlose Ich-Erzählerin macht es mir von Anfang an schwer sie zu mögen und dennoch hat sie etwas, dass mich in ihren Bann zieht. Als sie den Job im Mega Gym annimmt, ist klar, dass sie irgendwas zu verbergen hat, irgendwas ist schief gelaufen im Leben aber Verena Kessler schafft es, die Spannung zu halten und nur tröpchenweise Informationen preiszugeben, bis wir den großen Knall komplett erfahren. Auf diesem Weg wird das Gym zu einer Obsession. Ich will nicht zu viel spoilern, aber der Weg hat mich lachen und staunen lassen, aber erieß mich auch angewidert meinen zukünftigen Fitness-Studio Vertrag überdenken. Die Charaktere rund um die Erzählerin sind herrlich gezeichnet, ich hatte direkt Bilder im Kopf. Da ist der selbsternannte Feminist und Studio Chef Ferhat. eyda, seine in dem ganzen Fitness-Potpourri so normale Schwester mit Tochter Lila. @ijustwannaswet Swetlana, Fitness Instructor und Millie die 18jährige liebenswerte Thekenkraft. Irgendwie wirkt anfangs noch alles wie eine smarte Fitness-Familie aber die Vergangenheit der Erzählerin und die Lügen, in die sie sich verstrickt, sorgen noch für einiges an Witz und Trouble. Der Aufhänger könnte nämlich nicht Comedy-affiner sein. Um den Job im Gym zu bekommen und gleichzeitig ihren nicht ganz so fitten Körper zu erklären, erfindet die Protagonistin einfach mal eine frischgebackene Mama-Rolle mit Baby. Die Unterhaltung ist vorprogrammiert. Wer jetzt aber eine leichte Komödie erwartet, den muss ich enttäuschen. Freunde des schwarzen Humors kommen da mehr auf ihren Geschmack. Ich habe das Buch vor zwei Monaten gelesen und überlege immer noch, ob ich es genial oder einfach nur drüber finde. Wenn ihr wissen wollt, was die billable hour ist und wer zu den High Performern gehört lest das Buch. Ich garantiere euch zudem, dass ihr richtig Lust auf sportliche Cocktails bekommt. Wer möchte nicht gern einen Muscle Hustle oder einen Bunny Booster trinken.
Verena Keßler: Gym bei hugendubel.de. Online bestellen oder in der Filiale abholen.