Rune Winters führt ein Doppelleben: Bei Tag besucht sie die Oper und tanzt auf prachtvollen Bällen mit ihren Verehrern, gibt sich als oberflächliche, adlige Staatstreue der Neuen Republik aus; bei Nacht lässt sie die Maske fallen und versucht andere Hexen vor dem erbarmungslosen Regime als Roter Nachtfalter zu retten. Doch ausgerechnet der Hauptmann der Blutwache Gideon Sharpe kommt ihr auf die Schliche.
Auf Heartless Hunter habe ich mich unheimlich gefreut, zum einen gab es viele begeisterte Stimmen, zum anderen konnte Kristen Ciccarelli mich bereits mit der Iskari-Trilogie überzeugen, sodass ich voller Vertrauen und Vorfreude in die Geschichte gestartet bin. Nun ja, leider hat sich das Buch nicht als das Highlight herausgestellt, welches ich mir erhofft hatte. Doch zunächst zu den positiven Punkten, schließlich ist es in meinen Augen durchaus ein lesenswertes Fantasybuch: Der Schreibstil der Autorin ist leicht und flüssig lesbar, sodass man zügig durch die Seiten fliegt. Und auch die Ideen zur Handlung und dem World Building finde ich super. Genauso konnten mich die Figuren überzeugen. Jedoch merkt man an der fehlenden Komplexität in mehreren Aspekt dem Buch sein Jugendbuchcharakter an, obwohl es mit ein paar erotischen Szenen aufwartet und (zumindest von Ravensburger) als New Adult vermarktet wird. Das fängt bei der Inkonsequenz des historisch inspirierten Settings und dem unschlüssigen World Building an und hört bei der Vorhersehbarkeit der Handlung auf. Die Autorin denkt ihre Welt nicht zu Ende, hat auch kein Fingerspitzengefühl für Subtilität. Jedoch schafft sie es auf clevere Art und Weise Haupthandlung und Liebesgeschichte miteinander zu verschmelzen und Spannung dahinein zu legen. Die Figurenkonstellation bietet viel Potenzial für innere und äußere Konflikte und versorgt die Lesenden mit Intensität, während auf Action leider größtenteils verzichtet wurde. So gibt es zur Hälfte des Buches hin (man wird lange darauf warten gelassen) eine längere Actionszene, die zu fesseln weiß. Endlich sieht man mal den Roten Nachtfalter im Einsatz. Das ist und bleibt aber das einzige Mal im gesamten Buch, ansonsten ermittelt Rune undercover zu Gunsten des Romance-Anteils. Die Brüder Gideon und Alex fand ich als Figuren sehr interessant und detailliert ausgestaltet. Rune lernen wir auch näher kennen, aber leider wiederholen sich ihre Eigenschaften eher, als dass neue Aspekte im Laufe der Handlung hinzukommen. Daher war es für mich weniger nachvollziehbar, warum Gideon eine Anziehung zu Rune entwickelt, die schließlich nicht einmal aus verständlichen Gründen ihr wahres Ich vor ihm offenbart. Zu dem verlief die Liebesgeschichte doch etwas schnell. Den bittersüßen Schmerz am Ende des Buches habe ich aber trotzdem gefühlt und muss gestehen, schon sehr gespannt darauf zu sein, wie die Dilogie fortgesetzt wird. Besonders die Idee der Bluthexen und die Lore dahinter ist sehr cool und ich habe mich aufgrund der Düsternis der Welt immer wieder in Videospiele wie Thief 4, A Plagues Tale oder Witcher zurückversetzt gefühlt.
So ganz kann ich den Hype nicht nachvollziehen, aber für Fans von Hexen und Enemies-to-Lovers mit hohem Spannungspotenzial schließlich riskiert Rune ihr Leben bei der Tändelei mit Gideon kann ich das Buch definitiv empfehlen und hatte ein paar unterhaltsame Lesestunden. Trotz leichter Enttäuschung reizt mich der Cliffhanger so sehr, noch den zweiten und damit auch letzten Teil der Reihe lesen zu wollen.