Eher Krimi als Thriller ¿
Ich hatte mir für den Finnlandurlaub vorgenommen, mal wieder etwas Spannendes zu lesen. Bei einem Besuch am offenen Bücherschrank fiel mir dann der Thriller "Ihr werdet sie nicht finden" von Andreas Winkelmann in die Hände. Da ich bisher noch nichts von ihm gelesen habe, die Klappentexte seiner Bücher jedoch schon oft interessant fand, nahm ich es kurzerhand mit.Der Einstieg machte mir zunächst auch Hoffnung: Zwei Erzählstränge, parallel geführt, die nach und nach zusammenlaufen.Aber schon früh im Verlauf des Buchs hatte ich das Gefühl, viele Zusammenhänge überblicken zu können. Der Plot bleibt klar strukturiert und viele Wendungen wirkten auf mich vorhersehbar - das schmälerte den Spannungsaufbau. Die Auflösung war allerdings nicht komplett abzusehen. Dennoch empfand ich einen Teil davon als ziemlich konstruiert, fast an den Haaren herbeigezogen. Gleichzeitig jedoch hat er mich emotional sehr mitgenommen. Insgesamt bleibt der Spannungsbogen jedoch flach und der Thrill-Effekt ist deutlich geringer als erwartet.Für mich las sich das Buch nicht wie ein klassischer Thriller, sondern eher wie ein Krimi: Die Ermittlungsarbeit steht im Vordergrund, weniger das Spiel mit Macht, unterschwelliger Bedrohung oder psychologischen Terror.Warum man heutzutage noch den Begriff "Indianer" verwenden muss, erschloss sich mir nicht. Direkt mehrfach ist er im Text zu finden. Eine Formulierung, die heute fragwürdig ist und leicht hätte vermieden werden können.Ganz arg haben mich auch die italienischen Sätze im Originaltext gestört: "Come sta la tua figlia? Quanto al fine posso sposaria? [...] Uno momento." (S. 303) Handwerklich sind sie grammatikalisch wie semantisch fehlerhaft.Bei diesen zwei Dingen scheint das Lektorat nicht korrekt gearbeitet zu haben und ich persönlich empfinde dies als wirklich ganz große Schwäche.Winkelmanns Schreibstil wirkt auf mich insgesamt solide: Er liefert eine flüssige Erzählweise, klar verständlich, mit Blick auf eine Leserschaft, die Unterhaltung erwartet. Dennoch reicht mir dieser Stil nicht aus, um den Thriller voll zu tragen. Für mich machte gerade der fehlende dramatische Spannungsaufbau den Unterschied.Obwohl sich die Klappentexte seiner Thriller interessant lesen, bin ich nicht sicher, ob ich noch einen von ihnen lesen werde, denn "Ihr werdet sie nicht finden" blieb weit hinter meinen Erwartungen zurück. Wer jedoch einen gut lesbaren Krimi mit soliden Figuren und einem überraschenden Ende sucht, dem könnte das Buch genügen.©2025 adlatb