Ein großartiges Buch über eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Lest es. Denkt darüber nach. Kommt ins Handeln.
"Wenn die letzte Frau den Raum verlässt" von Herr und Speer habe ich von einer Freundin geschenkt bekommen. Ich bin ehrlich, selbst gekauft hätte ich mir das Buch nicht und schon allein beim Lesen der Zitate und Auszüge auf den Buchklappen ging mein Blutdruck in die Höhe. Selbst dreifache Mutter und in Vollzeit als Führungskraft berufstätig leben mein Mann und ich ein Modell, das in Deutschland noch immer die Ausnahme ist. Und nun kommen da (ausgerechnet) zwei Männer daher und wollen - einmal mehr - vermutlich überwiegend weiblichen Leserinnen erklären, was da gerade so alles gesellschaftlich ab- und falschläuft. Ich war skeptisch, ob das gut funktioniert.Schon nach den ersten paar Seiten hatte mich das Buch in seinen Bann gezogen. Waren die Statements auf den Buchklappen noch polarisierend und stark (ab)wertend, empfängt das Buch die geneigte Leserin / den geneigten Leser mit viel Offenheit, Verletzlichkeit und der Einladung, sich selbst ein Bild zu machen - mit Hilfe dieses Buches und mit Hilfe eines offenen Austausches unter den Geschlechtern. Es ist bemerkenswert, wie offen Herr und Speer mit ihren eigenen Limitationen und Biases umgehen, wie sie glaubhaft den Bogen spannen, warum und wie sie dennoch ein so umfangreiches Verständnis für und Wissen über ein Thema erlangt haben, das hauptsächlich gesellschaftliche "Minderheiten" betrifft. Dass auch sie nicht frei von Fehlern waren oder es heute sind. Wie wenig bewusst sich viele privilegierte Menschen der Tatsache sind,dass und in welchem Umfang sie Privilegien haben und nutzen. Und auch, wie wichtig mehr und ehrliche Aufmerksamkeit für das Thema einer geschlechtergerechten Gesellschaft und Politik ist - gerade in Zeiten, in denen die Politik maßgeblich Einfluss darauf nimmt, welche Prioriäten große Konzerne setzen und verfolgen.Auch vor dem Aufzeigen schockierender Tatsachen, fundiert mit Studienquellen nachgewiesen, schrecken die Autoren nicht zurück. Und dass in unserer heutigen Zeit noch immer gut ein Fünftel der Männer, selbst die der jungen Generation, für vollkommen legitim hält, Frauen gegenüber Gewalt anzuwenden, lässt mich sprachlos zurück."Wenn die letzte Frau den Raum verlässt" wirft ein Schlaglicht auf eines der vermutlich meist unterschätzten Themen unserer Zeit. Stellt euch nur mal vor, wie die Welt aussehen könnte, würde sie nicht mehr primär von Geld, Macht und Ego dominiert, sondern Lösungen auch getragen von gegenseitigem Respekt, Verständnis, Mitgefühl, Integration. - Klingt utopisch, ja. Am Ende liegt es aber an uns, ob wir immer so weitermachen oder zunächst im Kleinen und dann im Größeren Zeichen für Veränderung setzen und diese aktiv mitgestalten. Eine klare Leseempfehlung für einfach alle, die ihren Blick weiten und vielleicht eine ganz neue Perspektive gewinnen und darüber ihren Horizont erweitern und Wandel gestalten möchten.