Der Dumont Verlag hat das aktuelle Buch "Überland" der englischen Autorin Raynor Winn nun auch als Taschenbuch veröffentlicht. Hierbei handelt es sich um den dritten Teil einer Trilogie, der erste Band, "Der Salzpfad", erschien 2018 und wurde ein internationaler Bestseller, 'Wilde Stille" folgte 2021. Alle Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.
Wir befinden uns mitten in der Corona-Pandemie, als Raynor beschließt, mit ihrem Ehemann Moth den 370 km langen Fernwanderweg Cape Wrath Trail in Schottland zu gehen, der als der härteste Wanderweg in Großbritannien gilt. Beide sind erfahrene Kletterer, die Tour soll etwa einen Monat dauern. Moth leidet seit Jahren an der neurodegenerativen Erkrankung Kortikobasale Degeneration, die unheilbar ist und das Gehirn langsam zerstört. Eine Therapie gibt es nicht. Seine Frau macht sich wegen des Fortschreitens der Krankheit große Sorgen um ihn und hofft, dass es ihm durch die Wanderung wieder besser geht. Auf ihrer letzten, über 1000 km langen Rucksackwanderung, geschah nach etwa 320 km etwas, womit sie nicht gerechnet hätten: Moths Zustand verbesserte sich zusehends. In den Jahren danach, als sie wieder ein sesshaftes Leben führten und der normale Alltag einkehrte, ging es mit seiner Gesundheit erneut bergab. Wird es Moth auch nach dieser neuen Tour wieder besser gehen?
Das Buch ist in klarer Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Die Autorin beschreibt die strapaziöse und nicht ungefährliche Wanderung mit ihrem schwerkranken 61-jährigen Mann, bei teils extremen Wetterlagen, bei Regen und Wind. Moth ist schnell erschöpft, er quält sich und braucht viele Pausen, Raynor leidet unter starken Fußschmerzen. Schon bald geraten sie an ihre physischen und psychischen Grenzen. Werden sie die Wanderung abbrechen müssen?
Die Geschichte von Raynor und Moth hat mir sehr gut gefallen, sie ging mir unter die Haut, hat mich gefesselt und tief berührt. Ich habe mit den beiden mitgelitten und gehofft, dass Moth die Tour bewältigt und die ersehnten gesundheitlichen Fortschritte macht. Die wunderbaren und faszinierenden Naturbeschreibungen fand ich sehr beeindruckend, besonders die interessanten Ausführungen über die Vogelwelt. Raynor Winn schildert die gemeinsamen Erlebnisse mit Moth so spannend und lebendig, dass ich oft das Gefühl hatte, auf der Wanderung dabei zu sein. Ich habe Raynors und Moths Mut, Kraft und Ausdauer bewundert, mit denen sie die einzelnen Etappen und auftretende Probleme bewältigt haben.
Sehr hilfreich sind die Routenzeichnungen zu Beginn mehrerer Kapitel, die es mir ermöglichten, den Wegen der beiden Wanderer genau folgen zu können.
Das Buch, das auch Themen wie die Corona-Pandemie, den Klimawandel und den Brexit behandelt, ist nicht nur eine Geschichte über eine lange Wandertour mit all ihren Herausforderungen und Strapazen, es ist auch ein Buch über Mut und Hoffnung, die tiefe Liebe zweier Menschen zueinander und die heilende Kraft der Natur.
Absolute Leseempfehlung!