Studienarbeit aus dem Jahr 1996 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: sehr gut, Universitä t des Saarlandes (Germanistsiches Institut), Veranstaltung: Der Eheroman des 19. Jahrhunderts, Sprache: Deutsch, Abstract: Zwischen dem 18. und dem 19. Jahrhundert hat die literarische
Gattung des Romans eine besondere Entwicklung und Aufwertung erfahren.
Bis ins 18. Jahrhundert besaß der Roman einen geringen
Stellenwert gegenü ber der Lyrik und dem Drama, in denen Individualprobleme
dominierten. Mit dem Zeitalter der Industrialisierung
und Technisierung verlagerten sich jedoch Handlungsrahmen
und Problemlagen von individuellen zu kollektiven Fragestellungen.
Das Drama, das vorwiegend individuelle Schicksale behandelt
und dessen Gesellschaftsbegriff sich ausschließ lich an adliger
und bü rgerlicher Gesellschaft orientiert, hat es angesichts dieser
Umstä nde schwer, den sozialen Fragen der Zeit gerecht zu
werden. Fü r eine adä quate Darstellung des wirklichen und gesellschaftlichen
Lebens erhä lt der Roman als eine vorzugsweise
dazu ausgebildete Kunstform der Prosä seine neue Berechtigung1.
Der Roman versteht sich somit als Verschmelzung sowohl lyrischer
als auch tragischer Elemente. Wä hrend das Tragische allerdings
in der Tragö die von hohem pathetischem Stil geprä gt war2, prä sentiert
es sich im Roman des Realismus als Vermischung von Alltä glichem
und tragischem Ernst3, wobei es wesentlich an Bedeutung
verliert.
Im Unterschied zur franzö sischen Literatur, die bedingt durch
die politisch-soziale Vorlä uferrolle Frankreichs sich schon
frü h den Problemen der Zeit gestellt hat4, gewinnt der deutsche
Roman als Gesellschaftsroman sehr spä t den Anschluß an die Entwicklung
der europä ischen Literatur. Die Franzö sische Revolution
hat eben auch im Bereich der Literatur die Dimension des Gesellschaftlichen
entdeckt und zur zentralen Fragestellung erhoben.
Erst deren Rezeption sowie die Auseinandersetzung damit in
Deutschland (z. B. Jungdeutschen) haben analog zur zeitverzö gerten,
seit der Reichsgrü ndung sich beschleunigenden sozialen und
wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland auch zu einer entsprechend
zeitverzö gerten literarischen Ausprä gung gefü hrt. Fontane
ist in seiner engen Verknü pfung mit diesem Prozeß wohl auch
der Schriftsteller schlechthin, der den zeitgenö ssischen Gesellschaftsroman
wohl typischerweise verkö rpert. 5