"...Ich kann mir ein Leben ohne diesen Glauben nicht vorstellen, und dennoch fühle ich mich oft hilflos. Denn Zweifel, Fragen und Ungewissheit gehören unweigerlich zum Glauben..."
Es sind sehr persönliche Gedanken des Autors, die er in seiner Einleitung zu den Kapiteln 1 bis 4 äußert. Damit wären wir auch schon beim Aufbau des Buches.
Der Autor hat das Buch in vier Abschnitte gegliedert. Jeder Abschnitt besteht aus vier Kapitel. Zuvor kommen jeweils einige einleitende Worte. Die ersten drei Kapitel beginnen mit der Geschichte des Antiquitätenhändlers Abid. Er lebt in einem Ort im Kaukasus Mitte des 20. Jahrhunderts. Dem folgt ein Blick in die Bibel. Im Abschnitt Was denkst du? gibt es Fragen zum jeweiligen Kapitel und Hinweise, wie man das Gelesene in praktischen Glauben umsetzen kann. Das vierte Kapitel ist kürzer. Hier wird nur ein Bibelzitat abgedruckt und interpretiert. Danach folgen einige Fragen.
Der Schriftstil ist anspruchsvoll. Das Buch erfordert Mitdenken und genaues Lesen. Ab und an werden Bibelstellen angeführt, die man nachschlagen kann.
Kernpunkt sind die 12 Geschichten des Antiquitätenhändlers. Dabei erfahre ich das eine oder andere aus seinen Leben. Doch er setzt sich insbesondere intensiv mit der Bibel und ihrem Inhalt auseinander. Er hinterfragt das Geschehen, aber auch die Gedanken von Theologen und Philosophen.
Im ersten Abschnitt geht es um die Schöpfung und die Beziehung Gottes zu den Menschen. So stellt sich Abid die Frage, warum es die beiden Bäume im Paradies überhaupt gab.
"...Vielleicht musste es die Bäume geben, damit Adam und Eva erkannten, dass sie trotz der Krone der Schöpfung nicht der Schöpfer waren und sich Gott unterzuordnen hatten. Oder möglicherweise waren die Bäume der Weg, auf dem Gott seiner Schöpfung ermöglichte, ihm Liebe und Treue zu zeigen..."
Im zweiten Abschnitt steht Jesus im Mittelpunkt: Sein Leben, sein Sterben, die Auferstehung. Dabei wird Abid klar:
"...Sich in die Tiefen der Theologie zu begeben, führt auch immer dazu, den eigenen Glauben zu hinterfragen..."
Dabei stellt Abid Fragen, die ich mir nie gestellt hatte. Manche seiner Aussagen sind logisch, waren aber nie irgendwo Thema.
"...Kein Evangelium berichtete und sagte etwas über das Erscheinungsbild von Jesus. Sein Aussehen wurde nie erwähnt, nur was er tat, war von Bedeutung..."
Im dritten Abschnitt ist zu Beginn die Beerdigung von Sabdi, einer guten bekannten von Abid. Jetzt beschäftigt er sich mit den Folgen der Auferstehung und dem Leben nach dem Tod. Hier scheinen mir die Schlussfolgerungen besonders zu dem Leben in der Ewigkeit etwas gewagt. Manches sehe ich anders. Das ist aber sicher der Komplexität des Themas geschuldet.
Im letzten Abschnitt werden verschiedenen Dinge betrachtet. Es geht um den Heiligen Geist, die Wahrheit der Bibel, aber auch die Frage nach dem Bösen und dem Leid.
Ab und an deutet der Autor an, dass sein Buch für Suchende gedacht ist. Das halte ich für schwierig, denn in den Gedanken von Abid werden Dinge betrachtet, die auch verstören können, weil sie manches, was als selbstverständlich behandelt wird, infrage stellen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, gerade weil es mich als Leser dazu zwingt, Dinge unter neuen Aspekten zu betrachten. Hilfreich sind die vielen eingefügten Zitate.