Trotz meines Biologiestudiums wollte ich diesem Buch eine Chance geben, auch wenn ich wahrscheinlich nicht mehr viel Neues lernen würde.
Erworben habe ich das Taschenbuch über den Hugendubel Prämienshop und es hat mich somit nichts gekostet.
Anfangs noch leicht zu lesen, freute ich mich auf das was da kommen mag.
Doch ab der Hälfte des Buches war die Luft raus und ich habe nicht mehr weiter gelesen.
Es werden mehr Nebengeschichten zu Personen oder Filmen erzählt, als dass es wirklich um die Pflanzen geht. Viele der angeführten Referenzen sind zudem noch sehr alt und stellen für jüngere Lesende eine Hürde dar. Die Informationsdichte ist sehr dünn, man würde sich mit dem Sichten der jeweiligen (mittlerweile sehr umfangreichen) Wikipedia-Artikel sehr viel Zeit und Geld ersparen.
In späteren Kapiteln wird sehr ausführlich Bezug auf vorherige Kapitel genommen.
(z.B. die Walnuss aus Kapitel zwei) Da ich aber gerade mal ein oder zwei Kapitel weiter war und das Buch ohnehin keine Unmengen an Pflanzen diskutiert, sind die Verweise auf das jeweilige Kapitel nervig. Ich habe den Teil doch gerade erst gelesen und wenn ich nochmal nachschauen möchte, gibt es ein Inhaltsverzeichnis.
Gerade ab der Hälfte des Buches finden sich viele Wiederholungen, die es nicht gebraucht hätte.
Meine größeren Probleme mit dem Buch kamen ab Kapitel 6 auf.
So ist auf Seite 117 die chinesische Medizin erwähnt, die aus Teilen des Götterbaumes, Pulver und Extrakte für die Behandlung von Fieber, Asthma und Epilepsie herstellt.
Gemeint ist die traditionelle chinesische Medizin, die allerdings recht wenig mit einer Wissenschaft zu tun hat. Den Teil soll man sich allerdings denken.
Auch hier lässt ein kurzer Blick in einen Wiki-Artikel erkennen, dass Teile der Götterbäume vor allem als Nahrung für Seidenraupen genutzt werden und somit gar nicht nur schlecht sind.
Auch mit Kapitel 7, das letzte Kapitel, dass ich noch vollständig gelesen habe, habe ich ein Problem. Auf Seite 131 steht, dass eine Pflanze oder zumindest ein Baum ohne Chlorophyll für die Photosynthese nicht bekannt sei und eigentlich nicht überleben dürfte.
Fünf Seiten weiter lernen wir aber den Fichtenspargel kennen, der als Pflanze sehr wohl ohne Chlorophyll auskommt und das gesamte Kapitel dreht sich schließlich um die Albino-Mammutbäume, die ebenfalls kaum oder gar kein Chlorophyll in ihren Nadeln enthalten. Somit wird sich hier selbst wiedersprochen.
Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Mammutbäume einen mehrfachen Chromosomensatz haben. Wer sich das aktuelle Paper von Neale et al. vom Januar 2022 anschaut, findet heraus, dass sie sogar hexaploid sind.
Es wurde geschrieben, dass die Albinos aufgrund einer genetischen Mutation so sind wie sie sind, aber andererseits akkumulieren sie Schwermetalle in großen Mengen, die ebenfalls zu diesem Erscheinungsbild führen können.
Ich kann mir schlecht vorstellen, dass bei einem hexaploiden Baum, alle Gen-Kopien für die Ausbildung der Chloroplasten und der Chlorophyllbildung mutiert sind und nicht funktionieren.
Da Plastiden an sich (in Form von Leukoplasten) vorhanden sind, könnte ich mir eher eine Hemmung/Vergiftung durch die Schwermetalle vorstellen, die die Bildung verhindern.
Die genauen Zusammenhänge werden nicht klar dargestellt. Selbst wenn es noch nicht eindeutig geklärt wurde, hätte ich mir hier eine klarere Ausdrucksweise gewünscht.
Ein in meinen Augen auch schwierigen Satz findet man auf Seite 147. Hier geht es um Misteln und dass Extrakte daraus noch heute in der umstrittenen anthroposophischen Medizin Rudolf Steiners gegen Krebs eingesetzt werden. Dieser Satz wird leider nicht weiter kommentiert, sondern einfach so stehen gelassen. Entweder wurde hier sehr vorsichtig ausgedrückt, dass diese Form der Therapie nicht wissenschaftlich fundiert ist oder es wurde nicht über die Konsequenzen nachgedacht.
Umstritten ist das Thema nur, weil diese Pseudowissenschaft (die übrigens keine Wirkungen nachweisen muss) noch immer so viele Anhänger hat, die sich mit der Unwissenheit ihrer Patienten eine goldene Nase verdienen können. Mit Wissenschaft hat das alles überhaupt nichts zu tun und es sterben täglich Menschen aufgrund der Lügen, die ihnen aufgetischt werden! Vor allem bei so gravierenden Erkrankungen wie Krebs geht bitte zu einem richtigen Arzt.
Ich freue mich, dass Quellenangaben gemacht wurden, aber diese sind inkonsistent und unvollständig und bestehen aus sehr vielen alten und oft nicht wirklich wissenschaftlichen Quellen.
Es ist ein wilder Mix aus Nennungen der tatsächlichen Publisher/Journals und irgendwelcher URLs, wo die Infos gefunden wurden. Die Quellen sind nicht den Aussagen zugeordnet. Deshalb ist es schwer, einzelne Aussagen zu überprüfen und evtl. tiefer einzusteigen.
Es wird sogar im Impressum des Buches ein Disclaimer angebracht, dass die vollständige Angabe aufgrund der schlechten Quellenlage vielleicht nicht immer 100 % möglich war.
Gibt mir zu denken, warum dann nicht nach besseren Quellen gesucht wurde, die es definitiv gibt.
Die Idee des Buches, nicht alles nur rosarot, sondern auch in den Wechselwirkungen zu betrachten, finde ich gut. Allerdings würde ich keine Klassifizierung in gut und böse vornehmen.
Denn trotz des Titels Böse Bäume, werden glücklicherweise immer beide Seiten beleuchtet.
Nach all dem Gemeckere möchte ich die sehr schönen Illustrationen von Janine Czichy positiv hervorheben.