Wenn ich mich richtig erinnere, wurde das Buch in einem Booktuber-Video in der Kategorie Dark Fantasy empfohlen, und da es ein Einzelband ist und die Prämisse recht spannend klang, dachte ich mir, für eine schnelle Lektüre zwischendurch hole ich es mir auf Booklooker.Der Schreibstil ist recht flüssig gehalten (auch wenn die stellenweise forciert wirkende altertümliche Sprachwahl irritiert - was soll das bezwecken? Die Geschichte dadurch authentischer oder gar epischer zu machen?), jedoch stellt sich der Plot als leider zu vorhersehbar heraus. Das liegt teilweise an bereits bekannten Fantasyklischees, teils am Lesefluss. Dieser, und dadurch auch die Spannung, werden regelmäßig unterbrochen durch viel zu häufige bzw. schnelle Wechsel zwischen den Sichtweisen der Protagonisten. Gerade wenn man beginnt, mit einem Charakter mitzufiebern, wechselt man schon wieder zum nächsten. Dabei kommt selbst die Gegenseite zu Wort, wodurch einige Überraschungsmomente flöten gehen. Oftmals hatte ich den Eindruck, dass manche Szenen und Dialoge völlig unnötig eingebaut wurden, nur um die Story in die Länge zu ziehen.Auch beim Worldbuilding wäre deutlich mehr rauszuholen gewesen; die Grundidee einer Welt riesenhafter Wälder (immerhin können die Charaktere teilweise regelrechte Camps auf den Ästen aufschlagen) klingt großartig, die Beschreibungen hätten aber etwas detaillierter ausfallen können, ohne direkt unnötig lang zu wirken. Ein Magiesystem ist quasi nicht vorhanden. Es werden jedoch allerhand Märchen- und Sagenwesen eingeworfen, wobei der Eindruck entsteht, dass hier eine Checkliste abgearbeitet wird, indem an den willkürlichsten Stellen eins davon auftritt, nur um schon 2 Seiten später wieder in der Versenkung zu verschwinden. Für meinen Geschmack bedient sich der Autor zu sehr an anderen Werken (Tolkien lässt ganz besonders grüßen), ohne eigene Handschrift. Klar, das Fantasy-Rad soll hier nicht neu erfunden werden, und bereits im Vorwort wird angegeben, dass sich bei diesem Buch nur an germanischer/nordischer Mythologie orientiert wurde, aber bisweilen scheint man sich nicht mal besondere Mühe dabei gegeben zu haben, die Ähnlichkeit gewisser Begriffe, Namen oder Ereignisse abzuschwächen, was ich schade finde.Die Charaktere sind eigentlich durchweg klischeebehaftete (Anti-)Helden: SPOILERHanz wirkt im Vergleich zu Skanna und Grid entnervend hilflos und glänzt hauptsächlich durch quengelige Fragen, die fast immer stotternd gestellt werden - erstaunlich, dass das dem Autor auf Dauer nicht zu mühsam wurde. Sein ganzer Erzählstrang wirkt letztlich weitestgehend irrelevant.Grid ist der Charakter, in den man sich noch am ehesten hineinversetzen will, sie ist entscheidungsfreudig und bringt die Storyline noch am besten weiter. Die angedeutete Zuneigung zum Tagmahr gegen Ende hin war allerdings absolut überflüssig und degradiert sie wiederum nur auf ein naives, hilfloses Mädchen, das selbst im Mörder ihrer Ziehmutter noch etwas Gutes sieht, nachdem er ihr unter einem Bann stehend geholfen hat. Gibt toxic-"good girl falling for bad guy"-vibes, die zum Glück nicht weiterverfolgt wurden.Skanna hätte einen viel besseren Entwicklungsbogen verdient, stattdessen fragt man sich am Ende, was denn ihr Part bis zum Höhepunkt der Geschichte eigentlich konkret war. Alles was sie durchmachen musste, war letztlich irgendwie überflüssig und hat zum Handlungsverlauf bis auf das Ende wenig beigetragen. Auch wurde ihr nicht mehr charakterliche Tiefe zugestanden, als die stumpfe Verbissenheit einer Kriegerin, die um die Anerkennung ihres Vaters ringt.Metiga ist der stereotypischste Charakter - machthungrig, weil eifersüchtig (klar, was sonst treibt eine Frau an...), erreicht ihre Ziele indem sie Männer verführt und Intrigen spinnt (klar, was sonst kann ein weiblicher Bösewicht...).Marfast/Kunnart sind ebenso Klischees getrieben vom Wunsch der Mächtigste zu sein, die einzige Sprache die sie kennen ist Gewalt und sie können sich kaum zurückhalten sämtliche Frauen "besitzen" zu wollen (besonders bei dieser speziellen Umschreibung kommt mir die Galle hoch! Muss man sich solcher Wortwahl bedienen, nur um deren Grausamkeit darzustellen? Man hat es als Autor ja in der Hand eine andere Umschreibung dafür zu finden...).Mimir/Hulda sind ebenfalls ein allseits beliebtes Klischee: weise Elternfiguren, die viel zu früh/plötzlich sterben und den Hauptcharakteren nur Rätsel und Geheimnisse zurückgelassen, statt alle Karten auf den Tisch zu legen und die Storyline dadurch nicht unnötig zu dramatisieren. Aber gut, irgendwie muss man ja die Seiten füllen....Das Ende fiel dann auch etwas konstruiert und überstürzt aus, dafür, dass sich die ersten drei Viertel des Buches eher hingezogen haben.Fazit: war jetzt keine komplette Zeitverschwendung, da in 2 Tagen durchgelesen, aber enttäuscht war ich am Ende dennoch. Das hätte durchaus mehr Potenzial gehabt.