Es war ein Abendessen, das katastrophaler nicht hätte verlaufen können. Sarah Trafford, arbeitslos und deprimiert, sieht sich gezwungen, den Geschäften ihres Mannes zuliebe den ungehobelten Unsympathen Gerard Inchon zum Essen einzuladen. Nachdem sie sich stichelnde Wortduelle mit ihm geliefert hat, explodiert in der Nachbarschaft ein Haus. Zwei Menschen sterben, nur ein kleines Mädchen überlebt und verschwindet kurz darauf. Mit fast schon manischer Beharrlichkeit macht sich Sarah daran, die Hintergründe des Unglücks aufzuklären und das kleine Mädchen zu finden. Sie ist fest davon überzeugt, dass Inchon etwas damit zu tun haben muss.
Noch während sich der Leser fragt, ob Sarah psychisch labil ist und sich vielleicht zu sehr in verschrobenen Verschwörungstheorien ergeht, ahnt man so langsam, dass die wahren Hintergründe noch viel entsetzlicher sind.
Ich denke, Herron ist zurzeit in dem Genre der Spionagethriller unerreicht. Ich war gespannt, ob die Zoe Boehm-Reihe von Mick Herron genauso gut ist wie "Slow Horses" und wurde nicht enttäuscht.
Hier zeigt sich Herron eher von der literarischen Seite und der Humor ist etwas dezenter. Aber auch hier wird der Leser durch die geschickte Verzahnung der Erzählstränge ein paar Mal in die Irre geführt. Es gibt viele echte und falsche Leichen und einen schönen Showdown. Die Welt der Geheimdienste wird ebenfalls höchst desillusionierend und fernab jeglicher James Bond-Romantik dargestellt. Es ist sogar so, dass man sich nicht mehr fragt, wer auf der Seite der Guten oder Bösen steht, sondern ob es die "Guten" überhaupt gibt.