»Wissenschaftstheoretisch präzise, in der Sache kämpferisch und in Form und Sprache sehr leicht lesbar ... Fürstenaus Buch [ist] eine Sammlung aus Aufsätzen über psychoanalytisch begründete Psychotherapie, die sich nicht scheut, aus anderen Psychotherapieansätzen zu lernen.«
Micha Hilgers (Frankfurter Rundschau)
»Sechs Jahre nach der ersten Veröffentlichung hat der Verlag Klett-Cotta nun eine neue, dritte und erweiterte Auflage herausgebracht. Alle bisherigen Texte finden sich auch in der Neuauflage wieder, sie werden allerdings ergänzt durch fünf neue Beiträge, die überwiegend auf Vorträgen beruhen und in verschiedenen psychotherapeutischen Fachzeitschriften erschienen sind. Wie schon bei den anderen Beiträgen geht es auch hier sowohl um die fachinterne Weiterentwicklung einer psychotherapeutischen Praxeologie als auch um die politische Situation, in der sich die gegenwärtige Psychotherapie hierzulande befindet. ... Auch wenn die hinzugekommenen Aufsätze alleine kein Grund sind, sich das Buch neu zu kaufen, wenn man es ohnehin im Regal hat, stellen sie auf jeden Fall eine Bereicherung des vorliegenden Bandes dar, der auch für Systemiker von großem Wert ist. Die Anschaffung ist all denen unbedingt zu empfehlen, die das Buch noch nicht kennen.«
Tom Levold (systemagazin.de, August 2007)
»Als psychoanalytisch-systemische Familientherapeutin in der Kinderschutzpraxis bin ich immer wieder mit Krisensituationen konfrontiert, in denen man sich keine "reine Lehre" leisten kann, sondern den aktuellen Erfordernissen der Klienten (Eltern und Kinder) und des Kontextes auf möglichst pragmatische Weise gerecht werden muss. Peter Fürstenau, Soziologe und Psychoanalytiker, der schon immer einen eigenen Weg jenseits jedes Mainstreams gegangen ist und dessen Unabhängigkeit im Denken und Urteilen aus jeder Zeile atmet, ermutigt mit diesem Buch zu Schritten aus einer verengten Schulenperspektive hinaus und plädiert für eine kreative und flexible Umgangsweise mit psychoanalytischen, systemischen und anderen, etwa körper- und bewegungstherapeutischen Ansätzen, natürlich unter Rückgriff auf alte Erfahrungen und neue Kenntnisse, aber ohne jeden Dogmatismus. Sein Programm wird geleitet von der "Einsicht, dass es nicht um die Aufrechterhaltung eines Primats analytischer Orientierung gehe, sondern um eine 'echte' Integration unterschiedlich therapeutisch 'ansetzender' gleichwertiger Verfahren innerhalb eines umfassenden konzeptuellen Rahmens, nicht etwa nur um Addition" (S. 11).
Das Buch vereint Aufsätze aus den Jahren 1992 bis 2000, an denen deutlich wird, wie konsequent Fürstenau in dieser Zeit die Entwicklung einer psychoanalytisch-systemischen Behandlungskonzeption vorangetrieben hat, die in verschiedenen beraterischen und therapeutischen Aufgabenfeldern anwendbar ist.
Es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen, dieses Buch zu lesen, denn es gelingt Fürstenau auf dem Hintergrund seiner langen Erfahrung immer eine erfrischend undogmatische, pragmatische, so kenntnisreiche wie respektlose (respektlos in dem Sinne, in dem von Schlippe und Schweitzer das in ihrem Lehrbuch der systemischen Therapie beschreiben) und damit experimentierfreudige Darstellung. Und damit ist sowohl der Inhalt der "lösungsorientierten psychoanalytisch-systemischen kurz- und mittelfristigen Psychotherapie" gemeint wie seine Art zu schreiben.
In einem Schlüsseltext über esoterische und exoterische Psychoanalyse wendet er sich gegen puristische, nämlich esoterische, Behandlungskonzeptionen, die für andere Methoden und Erfahrungen bestenfalls eine Platz als "Hilfstherapien" für die jeweils tonangebende Hauptrichtung vorsehen. Als Psychoanalytiker geht er dabei besonders mit der Psychoanalyse ins Gericht und setzt sich mit den Sackgassen der Vorstellung einer "reinen" Form der Psychoanalyse auseinander, die lange nicht nur das Selbstverständnis vieler Psychoanalytiker prägte, sondern auch zu nicht endenden allgemeinen Diskussionen über die "richtige Therapie" führten.
Gegen diese Orthodoxie stellt er die "exoterische" Suche nach der bereits zitierten "echten Integration", mit Hilfe derer sich konzeptionelle Schwerpunkte und Methoden unterschiedlicher Therapierichtungen zu einer stimmigen Verständnisstruktur verbinden. Damit gibt Fürstenau dem typischen Eklektizismus praktisch tätiger Therapeuten und Berater eine wichtige praxeologische Schützenhilfe, der im Laufe der Zeit zu einer persönlichen Behandlungskompetenz führt, die sich aus persönlichen Stärken, Aus- und Weiterbildungserfahrungen, Kenntnissen des spezifischen Tätigkeitsfeldes und speziellen, d.h. immer einmaligen, also nicht verallgemeinerbaren Behandlungserfahrungen mit Klienten zusammensetzt. Ausrichtung und Schwerpunktsetzung der therapeutischen Praxis sollen Fürstenau zufolge nicht geschlossenen theoretischen Konzeptionen, sondern eher pragmatischen Leitlinien im Hinblick auf bestimmte Störungen folgen, damit stimmt er durchaus der Entwicklung von Behandlungsmanualen zu.
Die auf den Seiten 69-78 vorgestellte Skizze einer Behandlungsmethodik stellt das Modell einer solchen Integration dar und formuliert eine sofort nachvollziehbare und handlungsleitende Grundlage lösungsorientierten beraterisch-therapeutischen Handelns, die sich nicht auf die Erkenntnis zugrunde liegender Probleme bezieht, sondern auf die Linderung bzw. Aufgabe der Symptomatik im therapeutischen Prozess. "Dem Umgang mit der Symptomatik innerhalb der Therapie liegt die Erwartung zugrunde, dass der Patient seine Symptomatik nur in dem Maße aufgeben kann, wie er positive Schritte, das heißt neue gute Erfahrungen, in Richtung auf die Erreichung seines Behandlungsziels mit Hilfe des Therapeuten machen konnte" (74). Für den Therapeuten bedeutet das praktisch 1) Bekundung von Verständnis für das Leiden des Patienten, 2) Dämpfung der Erwartung auf schnelle Lösungen durch Vorgabe einer angemessenen Zeitperspektive und Wertschätzung des Problems als aktuell noch benötigte Lösung, 3) Anregungen zur Erlangung willkürlicher Kontrolle der Symptomatik durch passende Beobachtungs- und Verschreibungsaufgaben, 4) Identifizierung von Lebensbereichen, in denen die bisherigen Verhaltensweisen weiterhin beibehalten werden sollten und 5) "die Rückfallvorhersage in dem Sinne, dass im Seelischen nach Freud nichts untergehe und der Patient jeder Zeit die Sympomatik wieder produzieren könne, wenn er sie als Warnsignal im Beziehungsfeld brauche" (74f.).
Wie man sehen kann, spielt dabei die Verabschiedung der Defizitfokussierung, die Fürstenau an der klassischen psychoanalytischen Therapie kritisiert, eine besondere Rolle. Dennoch behält er die Arbeit an der Übertragungsbeziehung - eine wesentliche Errungenschaft der Psychoanalyse - als therapeutische Grundhaltung bei.
Die Entwicklung therapeutischer Kompetenz, d.h. spezifischer ressourcen- und lösungsorientierter Aktivitäten des Therapeuten von Anfang an und das Arbeiten an und mit der Beziehung, die die Arbeit an der eigenen Persönlichkeit einschließt, wird als die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Psychotherapie beschrieben. Einen festen Platz nimmt die Suche nach und das Anknüpfen an Ressourcen ein; die Formulierung von Zielen ist unabdingbar; Empathie soll nicht nur dem Leiden, den Problemen und Mängeln gelten, sondern vor allem den Stärken und den gesunden Ich-Anteilen, den Wünschen und Zielen der Menschen, mit denen wir arbeiten.
Fürstenau amalgamiert auf reizvolle Weise die unterschiedlichsten Konzepte, ohne sich auf metatheoretische Diskussionen einzulassen. Sein Feld ist die Praxeologie, nicht der große Theorie-Entwurf. Spannend ist dabei immer wieder, wie er - auf seine typische trocken-lakonische Art und mit Hilfe sehr selbstbewusst formulierter prägnanter Aussagen - Anschlussfähigkeit zwischen Begrifflichkeiten herstellt, die man auf diese Weise nicht so oft zwischen zwei Buchdeckeln findet.
Sein Praxisbegriff macht dabei nicht bei der Psychotherapie halt. Die Leitidee des Buches wird auch in Beiträgen zur Supervision und Unternehmensberatung sowie zur Professionalisierung der Psychotherapie im Rahmen der Psychotherapieweiterbildung auf überzeugende Weise entfaltet. Besonders eindrucksvoll ist der "Vortrag vor dem Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie über dessen Zulassungspolitik" (S. 165-175), in dem Fürstenau die vermeintliche wissenschaftliche Orientierung der Psychotherapie in Frage stellt und mit Bezug auf Michael Buchholz klarstellt, dass Psychotherapie in erster Linie eine Profession ist, deren Regulierung sich nicht aus der vermeintlichen Anwendung wissenschaftlicher Kriterien ergibt, sondern eben durchaus Spielball von bornierten Interessen- und Verteilungskämpfen ist, in denen es nicht unbedingt um das Wohl von Klienten geht.
Das Buch spannt einen weiten Bogen von psychotherapeutischer Praxeologie über andere professionelle Tätigkeitsfelder bis hin zu Fragen gesellschaftlicher Positionierung von Psychotherapie. Es ist einfach, eingängig und klar geschrieben und liefert einen ganz besonderen, praxisgesättigten, unideologischen Blick auf professionelles Handeln in Therapie, Supervision und Beratung und ist jedem in diesen Bereichen Tätigen ans Herz zu legen.«
Renate Blum-Maurice, www.systemagazin.de