"...Sie war ein Feigling. Sie hatte ihre Heimat verlassen und Menschen, die ihr viel bedeuteten, um sich zu einem Ort zu begeben, der für ihr Gefühl auf einem anderen Stern, in einer anderen Welt lag..."
Dies Zeilen aus dem Prolog geben Larissas innere Zerrissenheit wieder. Doch sie zeigen nur eine Seite der Medaille.
Die Autorin hat einen berührenden Roman geschrieben. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet. Er lässt Raum für die Gefühle der Protagonisten und für eine Prise Romantik.
Larissa Weiß ist Schriftstellerin. Sie hat sich für drei Monate in dem kleinen Eifelstädtchen Rodderbach eingemietet, um für ihren nächsten historischen Roman zu recherchieren. Das hiesige Kloster und die nahegelegene Burg interessieren sie besonders.
Gleichzeitig braucht Larissa Abstand von ihrem Verflossenen. Sie kannten sich schon als Kinder. Ihre Heirat war folgerichtig. Aber dann stellte sich heraus, dass sie beide völlig unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Zusammenleben hatten. Für Larissa wurde die Ehe toxisch. Ihr Mann sah ihr Schreiben als Hobby und zerstörte nach und nach ihr Selbstbewusstsein.
Im Ort wird Larissa freundlich empfangen. Ihre Ankunft ist Ortsgespräch. Die Bürgermeisterin liebäugelt schon mit einer Lesung. Immer wieder wird Larissa freundlich auf ihre Bücher angesprochen. Viele zeigen sich interessiert. Es gibt aber auch Ausnahmen. Dann muss sich Larissa gegen Vorurteile wehren. So äußert Hedwig:
"...Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schreiberei ein erstrebenswerter Lebensinhalt ist. Was machen Sie denn, wenn irgendwann niemand mehr Ihre Bücher lesen will?..."
Larissa fühlt sich getroffen. Die Worte erinnern sie an die Auseinandersetzungen mit ihrem Mann. Dabei kann sie zur Zeit sehr gut von ihrem Beruf leben. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Larissas Antwort, dass Schreiben und das Ganze Drumherum auch anstrengend sein können, provoziert die folgende Antwort.
"...Entschuldigung, aber was ist denn bitte am Bücherschreiben anstrengend? Sie haben doch den ganzen Tag Zeit..."
Dann wäre da noch Holger, einer der Söhne ihres Vermieterehepaars. Er ist selbstständiger Landmaschinenschlosser und zeigt sich an Larissa interessiert. Sie ist ein gebranntes Kind und gibt sich zurückhaltend. Es wird deutlich, dass sie ihren eigenen Gefühlen nicht traut. Zu unterschiedlich sind ihre Lebenswelten.
Die Ausflüge in die Natur geben ihr die nötige Ruhe, die sie gerade braucht.
"...Danach ging der Weg ein kurzes Stück bergab, bald darauf schon wieder aufwärts. Immer abwechselnd verlief er durch den Wald und wieder an Wiesen vorbei, auf denen das Gras dicht und in saftigen Grün wuchs und ihr beinahe bis zu den Waden reichte. Einmal sah sie weit vor sich einen Fuchs über den Weg schnüren..."
Es muss viel passieren, bis Larissa begreift, dass Rodderbach ihr zur neuen Heimat geworden ist.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist eher eine leise Geschichte, die Zwischenmenschliches in den Mittelpunkt stellt.