[Werbung|Selbstgekauft]
Meine Eindrücke zu Was die Dornen flüstern von Saskia Nieke:
Handlung:
Prinz Damian von Auroris ist in einem schlafähnlichen Zustand gefangen und verflucht nur im Angesicht der wahren Liebe wieder zu erwachen. Bereits seit hundert Jahren versucht seine Blutlinie seine wahre Liebe zu finden, die ihn durch einen Kuss vom Fluch der Fee Malin befreien soll - ohne Erfolg. Der Hoffnung beraubt glaubt seine Nachfahrin Königin Berta eine andere Lösung gefunden zu haben - die Verursacherin muss sterben.
Eleira ist eine stolze Assassinin und die beste ihres Volkes. Um für ihre Schwester und ihre Nichten sorgen zu können nimmt sie einen Auftrag an, der sie in ein weit entferntes Land führen soll. Gemeinsam mit ihrem Gnurd begibt sie sich auf die beschwerliche Reise, um ihren dreizehnten Auftrag auszuführen. Obwohl Assassinen alleine arbeiten, hat das Schicksal etwas anderes vor und Eleira findet gegen ihren Willen in dem Faun Helo einen Begleiter. Dessen Wald leidet unter Mailins Magie und als sein Beschützer macht er es sich zur Aufgabe die Assassinin und ihr Gnurd zu unterstützen.
Doch Malin ist nicht das, was Eleira erwartet hat und mehr als einmal muss sie sich fragen, ob sie das Richtige tut und wie weit sie für ihre Ehre gehen wird.
Schreibstil:
Saskia hat es geschafft, die elegante Schreibweise der Märchen zu nutzen, ohne dass diese wie aus einer anderen Zeit gefallen wirkt. Die Emotionen der Charaktere und deren Entwicklungen waren wundervoll mit der äußerst gewählten Sprache verwoben und brannten sich gerade aufgrund der eleganten Ausdrucksweise umso intensiver ein.
Vor allem aber die Tatsache, dass Saskia ihren Charakteren und Geschichte treu geblieben ist und ein Ende gewählt hat, an das sich nicht viele schreibende Personen gewagt hätten, macht dieses Buch zu etwas ganz besonderem.
Charaktere:
Das Eleira eine Assassinin ist bestimmt ihr ganzes Leben und prägt nicht nur ihre Handlungen, sondern ihr ganzes Sein. Hierbei wird sie als sehr rational dargestellt; was im Kontext ihrer Erziehung, Ausbildung und Profession absolut nachvollziehbar ist. Die Rituale und Bräuche ihres Stammes sind ein integraler Bestandteil ihrer Identität und zeigen, wie wichtig ihr diese Bande sind - auch wenn sie sich selbst eher als Einzelgängerin sieht. Ihr Selbstbewusstsein und ihr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten wirkt niemals übersteigert oder angeberisch, sondern zeigt einfach nur, wie selbstreflektiert und stark sie tatsächlich ist.
Ihre emotionale Entwicklung ist glaubhaft und hat mich sehr berührt.
Malin ist die Fee der Reinheit und als solche war sie nicht auf die Verdorbenheit der Welt vorbereitet. Was man ihr angetan hat, mögen manche als nicht so schlimm ansehen, aber es geht nicht um den Akt des Betruges an sich, sondern um die darunter liegenden Beweggründe. Sie hat sich gegen das Unrecht, das ihr angetan wurde, erhoben und den Täter nicht einfach nur bestrafen wollen - sie wollte, dass er das gleiche erleidet, was er ihr zugemutet hat. Ihr Schicksal zeigt deutlich, dass Recht und Unrecht nicht immer so einfach festzulegen sind.
Damian ist der Prinz des Königreiches Auroris und es gewohnt, verehrt zu werden. So ist es nicht verwunderlich, dass er sich für seine Bettpartner nicht wirklich tiefer gehend interessiert und sie nicht als Individuen, sondern als Eroberungen ansieht, die sich geehrt fühlen sollten, von ihm erwählt worden zu sein.
Malins Reinheit hat in ihm das Bedürfnis geweckt sie zu verderben und sie als die seine zu markieren, um sie dann einfach fallen lassen zu können.
Stand er ihr nach der Erreichung seines Ziels gleichgültig gegenüber änderten sich seine Gefühle während seines hundertjährigen Schlafes drastisch. Abgründe, welche bereits immer in seiner Seele geschlummert hatten, erwachten, während der Prinz selbst zu einem schlafähnlichen Zustand verdammt war.
Ich habe diesen Charakter leidenschaftlich gehasst und für mich repräsentiert er die toxische Männlichkeit in Reinform, ohne dabei wie eine plumpe Karikatur zu wirken. Gerade diese Echtheit war es, die mir mehr als nur einmal dieses Gefühl der blanken Angst in den Nacken getrieben hat, das wohl jede weiblich gelesene/präsentierende Person kennt.
Weltaufbau:
Saskia hat eine Welt geschaffen, die zwar Magie beherbergt, aber in der sie dennoch nicht allgegenwärtig ist. Feen und Faune leben so zurückgezogen, dass sich viele Menschen kaum noch an sie erinnern - oder sie gar als Legenden betrachten. Technische Errungenschaften gibt es keine und das gesellschaftliche System ist dem der uns bekannten Märchen nachempfunden.
Gestaltung:
Das Cover ist in sanften Lilatönen gehalten und im Zentrum befindet sich der Titel auf einem sich windenden Banner. Quer über das Cover sind zwei Hände zu sehen, die von roten und weißen Rosen mit Dornenranken umgeben sind. Malins hand scheint sich dabei fast schon flehentlich nach Eleiras auszustrecken, die eine ihrer geliebten Saigabeln hält und diese auf Malins Hand gerichtet hat.
Fazit:
Bei jedem anderen Buch hätte ich die fehlende Verbindung zwischen den Protagonisten und die übereilte Liebesgeschichte womöglich bemängelt - nicht aber hier. Ich kann kaum in Worte fassen, mit welch einer Reinheit und Intensität die zwischenmenschlichen Beziehungen in dieser fantastischen Neuinterpretation von Dornröschen dargestellt werden. Eine Liebe so rein und zart wie eine weiße Rose und ein Hass so brennend und alles verzehrend wie eine rote. Ebenso berührend war eine Freundschaft, die von gegenseitigem Verständnis, Respekt und Vertrauen geprägt ist.
Ich empfehle dieses Buch jedem ab 16 Jahren, der seine Liebe zu Märchen nie ganz verloren hat und eine Version von Dornröschen sucht, die Frauen nicht als Objekte, sondern als starke Individuen porträtiert, die sich weder für ihre Stärken, noch für ihre vermeintlichen Schwächen rechtfertigen müssen.