Für die Abgrenzung der Einkünfte zwischen einer Betriebsstätte und ihrem Stammhaus im internationalen Einheitsunternehmen wurden 2010 die von der OECD entwickelten Grundsätze des Authorized OECD Approachs bzw. AOA in Art. 7 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens übernommen. Danach ist die Selbständigkeit der Betriebsstätte uneingeschränkt zu fingieren und der Fremdvergleichsgrundsatz in Art. 7 Abs. 2 OECD-MA findet als Maßstab für die Gewinnabgrenzung weitgehend analog zu Art. 9 Abs. 1 OECD-MA wie bei verbundenen Kapitalgesellschaften Anwendung. Als Konsequenz der uneingeschränkten Fiktion der Selbständigkeit sind interne Leistungsbeziehungen zwischen den rechtlich unselbständigen Unternehmensteilen als Dealings für die Ergebnisabgrenzung zu berücksichtigen. Daneben stellen Significant People Functions , die anstelle von Verträgen für die Zuordnung von Funktionen, Risiken und Vermögenswerten maßgeblich sind, ein weiteres wesentliches Element des AOA dar. Im nationalen Steuerrecht wurde mit dem neu formulierten § 1 Abs. 4 6 AStG bereits eine Rechtsgrundlage für die Anwendung des AOA für die nach dem 31. Dezember 2012 beginnenden Wirtschaftsjahre geschaffen.
Diese Arbeit untersucht die Ermittlung und Abgrenzung des Betriebsstättengewinns, wobei insbesondere die Methodik des AOA zur Umsetzung der uneingeschränkten Fiktion der Selbständigkeit der Betriebsstätte auf Abkommensebene und auf nationaler Ebene betrachtet wird. Dabei werden steuersystematische Aspekte, das Verhältnis der nationalen Normen zueinander sowie ihr Verhältnis zum Abkommensrecht gewürdigt.
Die Arbeit wurde aus der Praxis der steuerlichen Verrechnungspreisberatung heraus verfasst, so dass nicht nur die steuerwissenschaftliche Abhandlung, sondern auch eine praxisrelevante Analyse mit verschiedenen Beispielen zum Erkenntnisgewinn beiträgt. So richtet sich die Arbeit an die Wissenschaft und auch an die Steuerrechtspraxis.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel I: Grundlagen der Selbständigkeitsfiktion von Betriebsstätten für Zwecke der Gewinnermittlung und Gewinnabgrenzung
1. Gewinnermittlung und Gewinnabgrenzung als getrennte Regelungsbereiche
2. Veranlassungsprinzip als Abgrenzungskonzept im nationalen Steuerrecht
3. Fremdvergleichsgrundsatz als national und international anerkannter Maßstab für die Gewinnabgrenzung
4. Konzepte der Gewinnabgrenzung in Abhängigkeit von der Reichweite der Selbständigkeitsfiktion
5. Gewinnermittlungsmethoden zur Umsetzung der Konzepte der Gewinnabgrenzung
6. Zwischenergebnis
Kapitel II: Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätten im Abkommensrecht gemäß AOA
1. Rechtsentwicklung und Bedeutung des Art 7 OECD-MA
2. Die Verteilungsnorm des Art. 7 OECD-MA
3. Betriebsstättengewinnermittlung gemäß AOA
4. Dokumentation bei Anwendung des AOA
5. Würdigung einzelner Aspekte des Abgrenzungskonzepts gemäß AOA
6. Zwischenergebnis
Kapitel III: Selbständigkeitsfiktion im nationalen Steuerrecht
1. Verhältnis zwischen Art. 7 Abs. 2 OECD-MA und den nationalen Regelungen
2. Steuerentstrickung und Steuerverstrickung
3. Implementierung des AOA in der Korrekturvorschrift des § 1 AStG
4. Vorschlag zur Implementierung des AOA in die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG
Kapitel IV: Würdigung des AOA und seiner Implementierung in § 1 AStG auf der Grundlage der Ziele der Erfolgsabgrenzung
1. Leistungsfähigkeitsprinzip zur Verwirklichung individueller Steuergerechtigkeit
2. Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung
3. Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Steuerhoheiten
4. Steuerliche Rechtsformneutralität
5. Rechtssicherheit bei der Ermittlung und Abgrenzung des Betriebsstättengewinns
6. Vereinbarkeit der Erweiterung des § 1 AStG mit dem Unionsrecht