Der Roman "Everlove", im Original "Afterlove" - viel passender - von Tanya Byrne ist im April 2024 bei Fischer Sauerländer erschienen und wurde von Stefanie Frida Lemke ins Deutsche übersetzt.Der Roman ist in zwei Hälften geteilt: in "Liebe" und "Nachher". Im ersten Teil wird sehr erfrischend und authentisch die Liebe zwischen Ashanta, kurz Ash, und Poppy geschildert. Beide lernen sich auf einem Schulausflug kennen und lieben. Ich fand es unglaublich positiv zu sehen, dass die zwei 16jährigen Teenagermädchen in ihrem Selbstverständnis absolut gefestigt wirkten. Kein Hadern mit der eigenen Sexualität, kein verängstigtes, von Selbstzweifeln durchbrochenes Coming-Out. Nein, die beiden wissen, dass sie auf Frauen stehen und sind auch vor Familie und Freunden bereits geoutet. Herrlich! Ich finde es hervorragend, dass es inzwischen so viele gute, kraftvolle und vor allem positive queere Geschichten gibt. Das möchte ich direkt vorwegnehmen: Tanya Byrne ist eine großartige neue Stimme, die man im Auge behalten sollte!Aber zu jeder Liebesgeschichte gehört "Drama, Baby!" Ganz abrupt wird das junge Liebespaar auseinandergerissen, denn Ash kommt in der Silvesternacht bei einem Autounfall ums Leben. Und wacht wieder auf! Als sogenanntes Sensenmädchen. Sie begleitet ab sofort Jugendliche, die sterben, nach ihrem Tod zu Charons Barke, um ins "Danach" gebracht zu werden. Charon ist in der griechischen Mythologie der Fährmann, der die Seelen der Toten über den Totenfluss ins Jenseits bringt. Ein anderes Sensenmädchen beschreibt diesen Ort auf Frage von Ash als den Ort, den du dir wünschst. Die Ereignisse überschlagen sich, als Ash in neuer Gestalt zufällig Poppy begegnet und sie erkennt! Wie geht es mit den beiden Liebenden weiter? Warum kann Poppy die wahre Ash sehen? Die Antworten auf diese Fragen erhalten die Lesenden im zweiten Teil des Romans. Mir hat gut gefallen, wie die Autorin das Thema Tod behandelt hat, sehr einfühlsam und zielgruppengerecht. Tanya Byrne hat darüber hinaus ein wirkliches Händchen dafür, die Liebe zwischen Ash und Poppy authentisch und greifbar zu schildern. Ich hatte in der einen oder anderen Szene selbst einen Kloß im Hals, weil ich das, was da gerade passierte, nachempfinden konnte. Autor:innen, die die Gefühle ihrer Protagonist:innen so gut vermitteln können, sind wahre Künstler:innen!Fazit: Tanya Byrne ist ein wirklich guter Young Adult Roman über die ersten Liebe und den Verlust gelungen. Sprache und Figuren sind großartig, beides hat mich gefesselt und durch das Buch fliegen lassen. Die Handlung ist sehr kompakt und schreitet zügig voran. Stellenweise hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht. Das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau, denn insgesamt bietet der Roman ein schönes Leseerlebnis. Empfehlung!