Tibor Rode versucht mit *Der Wald* eine interessanteMischung aus Öko-Thriller und Wissenschaftsroman, die die Intelligenz und Bedrohlichkeit der Pflanzenwelt, unter dem schädlichen Einfluss des Menschen, beleuchtet. Dazu verarbeitet er noch dasThema KI. Trotz der spannenden Grundidee bleibt die Umsetzung aber hinter ihren Möglichkeiten zurück.Diesmal werde ich hier Stärken und Schwächen des Romans aus meiner Sicht mal einfach auflisten:Stärken:Relevanz des Themas: Das Buch greift aktuelle ökologische Fragen wie invasive Pflanzenarten und die faszinierende Pflanzen-Neurobiologie auf und regt zum Nachdenken über die Verbindung zwischen Mensch und Natur an.Atmosphäre: Die Darstellung der wachsenden Pflanzen oder auch des Waldes als bedrohliches und mystisches Umfeld ist eindrucksvoll und fesselnd gelungen. Dies trägt zur Spannung bei und lässt die bedrohliche Stimmung stellenweise deutlich spürbar werden.Tempo und Schreibstil: Der Erzählstil mit (sehr) häufigen Perspektivwechseln sorgt für ein hohes Tempo und soll offensichtlich der Spannung dienen. So kann man der Geschichte mit Sicherheit ein gewissen Unterhaltungswert attestieren, und das Buch ist grundsätzlich leicht und flüssig zu lesen.Wer sich, wie ich, in der Botanik und mit den neuesten Entwicklungen in der Wissenschaft nicht so wahnsinnig beschäftigt hat, wird hier sicherlich Neues erfahren und Anregung finden, sich mit der interessanten Welt der Pflanzen zu beschäftigen. Es gibt außerdem Informationen über Goethe, die mir genauso auch nicht geläufig waren und die ich sehr interessant fand. Der Autor hat dazu auch ein Nachwort geschrieben, das ich sehr lesenswert fand.Schwächen:Grundidee: das Thema "Der Einfluss des Menschen auf die Natur" ist immer wieder faszinierend, auch hier, allein wegen seiner fortbestehend hohen Relevanz. Allerdings gibt es m.E. deutliche Parallelen zu Frank Schätzings *Der Schwarm*, insbesondere die Protagonistin einer "zurückschlagenden Natur". Während Schätzing durch Komplexität und wissenschaftliche Tiefe überzeugt, bleibt Rode aber eher an der Oberfläche und versucht hauptsächlich durch Spannung und Aktion zu punkten. Wissenschaftliche Darstellung: Die Fakten wirken teilweise sehr dramatisiert, immer wieder hatte ich das Gefühl, eine Art schlichten Actionfilm zu lesen. So interessant die Einblicke in die Pflanzen-Neurobiologie an sich sind, so oberflächlich erscheinen sie aber auch bei näherer Recherche, und könnten so interessierte oder bereits vorgebildete Leser enttäuschen.Charaktere: Die Figuren wirken eher klischeehaft und bleiben in ihrer Darstellung einfach blass. Ihre Zeichnung und tw. auch ihre Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar, was es schwer macht, trotz des dramatisch geschilderten Themas, bei ihnen emotional anzudocken.Handlung: Die Geschichte wirkt stellenweise konstruiert und wenig echt, manche Dialoge hatten für mich etwas aufgesetztes. Trotz spannender Grundidee zieht sich die Story stellenweise, und die Spannung flacht ab. Dazu kommt, dass der Leser ab einem gewissen Zeitpunkt weiß, dass eine KI eine Rolle spielt, und dadurch wird das ein oder andere meiner Meinung nach doch zu vorhersehbar. Besonders der häufige Perspektivenwechsel und die drehbuchartige Struktur des Romans vermitteln den Eindruck, dass das Werk auf eine actionreiche Verfilmung abzielt. Dies kostet die Erzählung Tiefe und emotionalen Gehalt.Fazit: Tibor Rode bietet mit "Der Wald" einenspannenden Ansatz, der aktuelle ökologische Themen sowie das Thema Zukunft mit KI aufgreift, dazu ein paar interessante Informationen aus der Neurobiologie wie über den Schriftsteller Goethe liefert, jedoch in der Ausführung ziemlichoberflächlichbleibt. Die teilweise fesselnde Atmosphäre des Waldes und das Tempo machen das Buch trotz seiner Schwächen wahrscheinlich zu einemunterhaltsamen Erlebnis für Fans actionreicher Thriller. Allerdingsfehltm.E. eine stärkere und authentischeAusarbeitung von Charakteren & Handlung und auch wissenschaftliche Tiefe. Als Diskussionsgrundlage für die Beziehung von Mensch und Natur sowie unseres Verhältnisses zu künstlicher Intelligenz kann es dennoch eine interessante Wahl sein, wenn man keine zu hohe Erwartungshaltung hat, sondernvornehmlich unterhaltensein möchte.