Die hier verö ffentlichten 26 Visionen und Trä ume illustrieren den Individuationsprozess einer heute lebenden Frau in der zweiten Lebenshä lfte. Ursula Kaufmann (geb. 1932) ist nach der Typenlehre von C. G. Jung ein extravertierter, intuitiver « Fü hltyp» . Ihre bewusste Selbstfindung beginnt mit einer mö glichst umfassenden Assimilierung der Schattenseiten ihrer Persö nlichkeit: dem "Gesellenstü ck". Danach folgt die Auseinandersetzung mit der gegengeschlechtlichen Welt des « Animus» und schliesslich, in faszinierenden, zumeist erdhaften Selbst-Symbolen, die Begegnung mit dem eigenen Seelengrund: das "Meisterstü ck."
Die Grundzü ge des eben beschriebenen Reifungsprozesses hat schon C. G. Jung dargestellt. Ü ber ihn hinaus fü hrt nun die hier konsequent durchgezogene Verwurzelung der Theologie in den Tiefenschichten der menschlichen Psyche. Dadurch erhä lt die Spiritualitä t eine neue Form und wird geerdet. Fü r die Theologie bedeutet dies eine kopernikanische Wende: die Heraus-forderung, sich auf ein neues Fundament zu grü nden. Das einstige Jenseits wird dabei zu einem inneren « Jenseits des Bewusstseins» , und Offenbarungen werden als Informa-
tionen aus dem unbewussten Bereich der Psyche verstanden. Die Theologie wird dabei eine hermeneutisch orientierte Humanwissenschaft, die versucht, den Informationsfluss vom unbewussten Selbst zum bewussten Ich zeitgemä ss zu verstehen.