Vom palumbischen Dschungel ins Berlin der 1930er-Jahre!
Der große Naturforscher Alexander von Humboldt entdeckt auf seiner berühmten Südamerika-Reise als erster das Marsupilami. Und so beginnt für das schwarz-gelb gefleckte Wunderwesen nicht nur ein Abenteuer, das ins Berlin der 1930er-Jahre führt, sondern auch eine unvergessliche Freundschaft.
Nach dem großen Erfolg von Flix' »Spirou in Berlin« nimmt sich der bekannte deutsche Zeichner nun eines weiteren großen frankobelgischen Comicklassikers an:
Flix zeichnet das Marsupilami und lässt das Wundertier Abenteuer im Berlin der Weimarer Republik erleben.
Besprechung vom 15.09.2022
Witziges gelbes Etwas
Es ist ein herzlicher Draufgänger. Frisst am liebsten Piranhas, kann unendlich tief tauchen, unendlich hoch hüpfen und hat einen acht Meter langen Schwanz, den es zu einer Sprungfeder formen kann - und mit dem sich auch Gegner bestens ausschalten lassen. Es ist ziemlich mitteilsam, doch seine Sprache beschränkt sich meist auf die Begriffe "Huba", "Hubi" und "Hob". Ganz schön scheu ist es. Und gleichzeitig superheldenhaft stark und ausdauernd. Und, ach ja, eine Legende der Comic-Kunst.
Sein erstes Marsupilami, mit gelbem Fell voller schwarzer Punkte, hat der berühmte belgische Zeichner André Franquin vor 70 Jahren gezeichnet. Ende Januar 1952 erschien es erstmals in einem Comic-Magazin, als Nebenfigur in einem "Spirou und Fantasio"-Abenteuer. Das Tier aus dem Dschungel begleitete das bekannte Comic-Duo fortan regelmäßig, später bekam es sogar eine eigene Comic-Reihe ohne die Helden Spirou und Fantasio. Disney machte aus dem Stoff eine Zeichentrickserie, auch ein Kinofilm mit dem Marsupilami wurde gedreht.
Und nun, zum großen Jubiläum, hat sich der Berliner Zeichner Flix des gelben Etwas angenommen. Einen Hommage-Comic hat er über das Marsupilami geschrieben und verfasst. Flix, der mit vollem Namen Felix Görmann heißt und für das Feuilleton der F.A.Z. die Reihe "Glückskind" zeichnet, erzählt darin eine sonderbare Vorgeschichte des Marsupilamis, macht es, so auch der Titel seines beim Carlsen-Verlag erschienenen Comics, zum "Humboldt-Tier".
Bei Flix ist es nämlich der reiselustige Forscher Alexander von Humboldt, der das Marsupilami entdeckt - im Dschungel von Palumbien, wohin es ihn und seinen (oft reichlich entnervten) Begleiter Aimé Bonpland 1801 verschlagen hat. Doch Alexander von Humboldt, der manische Sammler exotischer Dinge, macht sich nicht besonders viel aus dem Tier, weil er es für einen Affen hält ("Affe ist Affe. Kennste einen, kennste alle"), und verfrachtet es in eine Kiste.
Dort fällt es in einen Dauerschlaf - und wird erst 130 Jahre später in Berlin wieder aufgespürt, von einem Mädchen namens Mimmi, das mit dem gelben Hallodri bald jede Menge Abenteuer durchlebt. Gemeinsam kämpfen die beiden sich durch das Berlin am Ende der Weimarer Republik, behaupten sich gegen einen strengen Hausmeister und auch gegen Herrn Otto, der nur auf den ersten Blick wie ein Verbündeter erscheint. Detailreich gezeichnet, komisch und slapstickhaft erzählt Flix die Geschichte des ungleichen Paars aus Mädchen und Dschungeltier, voller Zuneigung für seine Figuren. Seine erste Auseinandersetzung mit einer Franquin-Figur ist der Band dabei nicht. 2018 hat Flix bereits den Comic "Spirou in Berlin" veröffentlicht. Auch der war ein Meisterwerk.
Flix ist übrigens auch ein charmanter Unterhalter, einer, der über seine Arbeit, seine Geschichten und seine Figuren sehr gut vor Publikum sprechen kann. Und deshalb lohnt sich nicht nur die Lektüre seines Marsupilami-Comics, sondern sicherlich auch der Besuch seiner Lesung im Frankfurter Literaturhaus. Dort stellt der Zeichner seinen Comic am 29. September vor. Beginn des Abends, empfohlen für alle von zehn Jahren an, ist um 19.30 Uhr, der Eintritt kostet sieben Euro, ermäßigte Schülerkarten gibt es für vier Euro. Gestreamt wird die Comic-Lesung ebenfalls, die Karten dafür kosten fünf Euro. Buchen kann man sie über www.literaturhaus-frankfurt.de ALEXANDER JÜRGS
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