Linda lebt mit ihrer Tochter Hanna und ihrer Mutter Mitzi zwar in Deutschland, aber ihr Herz flieht gedanklich immer wieder nach Sizilien, wo sie geboren ist. Da ihre Mutter jegliche Frage zu ihrer Herkunft, ihrem Vater und ihrer angeblich bei der Geburt gestorbenen Zwillingsschwester Lucia abwehrt, reist Linda kurzentschlossen selbst in ihren Geburtsort, um ihrer Vergangenheit und ihrer Identität näher zu kommen und lernt in der kurzen Zeit mehr über "la famiglia", die Liebe und sich selbst, als sie zu träumen gewagt hat.
Die Story ist flüssig zu lesen, mit witzigen Dialogen und herrlich normalen Eigenschaften der Protagonisten, die einfach sympathisch, liebenswürdig und authentisch sind. Zwischen den lustigen Kapiteln werden aber auch ernste Themen angerissen: mafiöse Strukturen, Flüchtlingskrise, Politikgeschehen, die Suche nach dem Vater und natürlich das rätselhafte Verschwinden von Lucia.
Mit "Kaktusfeigen" ist Anna Castronovo etwas gelungen, was so viel mehr als nur ein Roman ist - Krimi, Reiseführer, Familiengeschichte, Tatsachenbericht und all das umhüllt von einer großen Portion regionalem Flair und Humor. Nächstes Jahr erscheint bereits die Fortsetzung (die es fast geben MUSS, weil die Geschichte ganz und gar nicht abgeschlossen ist), auf die ich mich sehr freue! Eine liebenswerte, für mich neue Autorin, von der ich gerne noch ganz viel lesen würde.
Für mein Empfinden hätte es den erhobenen Zeigefinger im Nachwort nicht gebraucht, da die Problematik im Buch schon thematisiert wurde und ich finde, dass ein Roman ein Roman bleiben sollte und keine politische Meinungsbildung.