Dieses Buch von Heinz Strunk ist eine bitterböse und sprachlich derbe Abrechnung mit der Leistungsgesellschaft und der bürgerlichen Existenz, voller Zynismus und schonungsloser Selbstentlarvung.Der Roman erzählt von einem gealterten Juristen, der den Sommer in einem Küstenort verbringt, um ein Buch über seine Familie zu schreiben - doch je weiter die Zeit verstreicht, desto tiefer versinkt er in Selbsthass und Resignation. Er schwankt zwischen Selbstüberschätzung und Nachgiebigkeit, was ihm ungewöhnliche Bekanntschaften einbringt und atmosphärisch in einer Sabbaticalphase dargestellt wird, die zur bleiernen Zeit wird. Alkoholexzesse und Gewaltausbrüche inklusive, was mich beim Lesen durchaus an meine Grenzen brachte. Strunk benutzt dabei eine knappe, teilweise vulgäre, aber immer präzise und fantasiereiche Sprache, die die Atmosphäre verdichtet und das Scheitern seines Protagonisten gnadenlos offenlegt.Was mir die Geschichte trotzdem lesenswert machte, war diese unbarmherzige Ironie, die teils ins Groteske reicht und die Atmosphäre des in die Jahre gekommenen Badeorts wie des erschöpften Leistungsträgers auf besondere Weise darstellt. Politisch absolut inkorrekt und dennoch von einem Verständnis menschlicher Abgründe getragen, das man so nicht oft findet.Die Perspektive des Protagonisten & Erzählers ist dabei von tiefem Menschen- und Frauenhass und einem deutlichen Missverhältnis zur Welt geprägt - aber nicht als moralische Haltung, sondern offensichtlich als bewusste literarische Überzeichnung. Gerade die derbe, teils vulgäre Ausdrucksweise dient als Stilmittel, um die innere Leere dieser Figur spürbar zu machen. Auch wenn mich die Grenzüberschreitungen des Romans nun nicht zum größten Strunk-Fan machen werden, liegt darin zugleich eine erzählerische Konsequenz: Die Unsympathie des Protagonisten ist kein zufälliges Charaktermerkmal, sondern der Kern der Geschichte selbst. Dieser Roman ist nicht leicht zu verdauen - er provoziert, stößt mitunter regelrecht ab, zwingt aber gleichzeitig dazu, sich mit der tragikomischen Existenz dieses "Helden" und seiner Einsamkeit, den Beweggründen wie den Zufällen seines Handelns auseinanderzusetzen. Wer sich nicht an dieser wohl Strunk-typischen Direktheit und Derbheit aufhängt, kann hier eine ziemlich meisterhaft gebaute Mischung aus Groteske und Gesellschaftskritik mit nihilistischem Humor finden. Ich hatte im Vorfeld gelesen, dass der Roman mit "Tod in Venedig" von Thomas Mann in Zusammenhang gebracht wurde. Das ist natürlich arg hochgegriffen, aber ein Hauch von Aschenbach weht durchaus durch dieses Buch. Nur das Ende ging mir dann ein bisschen zu schnell, deshalb auch definitiv einen Stern Abzug, aus meiner Sicht.Fazit: Ein Roman, der keine sprachliche Schönheit verspricht, keine moralische Orientierung geben will, sondern mit schmerzhaft genauer Beobachtung, scharfem Witz und bitterer Ironie wie Überzeichnung arbeitet, und uns schonungslos mit den unangenehmen Aspekten von Realität und menschlichem Scheitern konfrontiert. Ungewöhnlich, aber nicht verkehrt.